80s-Actionböller: Darum ziehen sie uns auch heute noch wie magisch an

80s-Actionböller: Darum ziehen sie uns auch heute noch wie magisch an

Es ist offiziell: Einer der größten Helden der cineastischen Bleispuckerei kommt ein weiteres Mal auf die Kinoleinwand – Rambo 6, diesmal ein Prequel, das den jungen „John J.“ während des Vietnamkriegs begleiten soll.

Fraglos bietet das moderne Actionkino genügend neue Helden, die es streckenweise sogar mehr knacken lassen. Dennoch gibt es jede Menge Filmfans, die auch nach dem X-ten Mal Ansehen immer noch begeistert sind, wenn Testosteron-Klassiker à la Rambo 2, Predator 1, Phantom Kommando oder Missing in Action auf dem Fernseher laufen.

Stellt sich die Frage: Warum? Denn viele der Streifen sind bei objektiver Betrachtung ziemlich schlecht gealtert: Unrealistisch, ohne jegliche Mühe einen Hauch Realismus zu generieren; übersimplifiziert bis zur bizarr anmutenden Schwarz-Weiß-Zeichnung. Trotzdem würden manche ihre Lieblings-Kracher jeder modernen Veröffentlichung vorziehen. Tatsächlich gibt es dafür sogar mehrere sehr gute Gründe.

1. Geradlinige Action

Ja, ein Großteil der klassischen 80s-Actionstreifen ist in Sachen Storyline sehr einfach. Gerade das übt aber einen besonderen Reiz aus. Egal ob Dschungelkrieg, Stadtterror oder Zukunftsapokalypse, im Kern läuft es immer auf denselben Punkt hinaus:

Mit genügend Muskeln, Maschinengewehren und Sprengstoff lässt sich noch der fieseste Oberbösewicht zur Strecke bringen.

80s-Action ist bis heute das Äquivalent zum Maxi- Menü beim Burger-Discounter oder zum vollgepackten Döner: Nichts Besonderes, aber simpel, überschaubar, lecker und sättigend.

Man kann sich einfach auf die Couch legen und berieseln lassen, wie der Held einen Gegner nach dem anderen ins Jenseits prügelt, sticht, schießt oder sprengt. Keine komplexen Handlungen, keine moralischen Erwägungen, keine Nebenstränge. Hier Alien oder Sowjetgeneral, da angefressener Actionheld – los geht’s.

Das leitet direkt zu einem weiteren Grund über:

2. Klare Rollenverteilungen

Als in den 1960ern Spaghettiwestern groß wurden, feierte man sie, weil die Helden viel ambivalenter waren als im bisherigen Westernkino. Bei den meisten 80er-Böllern ist es genau umgekehrt. Da stellt sich niemals die Frage (zumindest nicht filmisch), ob die Helden wirklich hundertprozentig gut und die Gegner hundertprozentig böse sind.

Beispiel Rambo 1:

Klar bricht Rambo hier einen Privatkrieg vom Zaun und fackelt eine halbe Kleinstadt ab, nur weil sich Sheriff und Deputies ihm gegenüber ziemlich unanständig verhielten. Aber in der Welt dieses Streifens ist das trotzdem ein klares Schema:

  • John Rambo
    Eindeutig gut, moralisch überlegen, bekämpft erlittenes Unrecht und somit für das Richtige.
  • Sheriff Teasle & Team
    Eindeutig böse, ignorieren Rambos Beweggründe, grundlos brutal und verdienen ihre Strafe.

Rambo als an PTSD leidender Veteran, der in Vietnam für Amerika alles gab und als Dank einfach zu oft von Sheriffs dieser Sorte schlecht behandelt wurde – bis der Korken in Teasles Kleinstadt platzt.

3. Action mit ganz großem A

In modernen Action-Streifen ähneln Gewalt und der Umgang mit Schusswaffen oft einem fein choreographierten Tanz. Das hat zweifelsohne einen Reiz und ist einer der Gründe, warum John Wick so gefeiert wurde und wird. Aber:

Schaut man in die 80er zwischen Aliens und Predator zurück, dann hat die Ballerei einfach eine andere Dimension. Am besten lässt es sich vielleicht erklären, wenn man einen heutigen PS- Boliden mit einem Muscle Car der späten 60er vergleicht.

Bei Actionfilmen ist es verblüffend ähnlich: Da waren die 80er in Sachen Schusswaffen- und Sprengstoffgebrauch das rohe, rüpelhafte Gegenstück zu Spät-60s PS-Orgien. Herrlich einfach, übertrieben, ohne große Kunst – und oft genug ohne störendes Nachladen.

Wenn etwa der vor Zorn rotglühende Rambo am Ende des zweiten Teils ein mit Munition fast 20 Kilo wiegendes M60E3-Maschinengewehr einarmig in Murdocks Basis leerballert, dann ist das natürlich völlig unrealistisch. Und dass er, als Special-Forces-Soldat, einen Hubschrauber fliegen kann, ist auch jenseits aller Realismen.

Aber genau darin liegt der Charme: Es ist brachial, hemmungslos, ignoriert alle Regeln des „feinen“ Kinos – und ist vom ersten bis zum letzten Schuss CGI-frei.

4. Ikonische Helden

„Sollten wir eine unheimliche Begegnung haben, [lädt die Schrotflinte durch] stehe ich nicht gerne nackt da.“

„Was Sie eben Hölle nannten, nennt er sein Zuhause.“

Wir könnten noch endlos weitermachen mit solchen Zitaten. Sie würden jedoch immer wieder dasselbe belegen: Die Helden in den Krachern dieses Jahrzehnts sind so herrlich überzogen wie die Action selbst.

  • Absolut immer völlig in der Unterzahl
  • Von übermenschlichem Willen beseelt
  • Niemals um coole Sprüche verlegen
  • Überzogen und cheesy – aber genau deshalb cool

Nicht alle dieser Charaktere sind solche wandelnden Muskelberge wie Schwarzenegger, Lundgren oder Stallone. Immer aber umweht sie eine geradezu Superhelden-artige Aura:

  • Keine Schwächen
    Die damaligen Helden haben keine Schwächen, durch die sie verletzlich, verwundbar – menschlich – wirken.
  • Larger than Life
    Von Ripley bis Braddock sind sie alle übermenschlich und regeln Probleme, wie man es in der Realität niemals könnte.
  • Zeitloser Reiz
    Helden, die über alle Grenzen hinausgehen, dabei markige Sprüche reißen und einfach cool aussehen – ganz ohne Cape.

Damit funktionieren hier ähnliche Wirkmechanismen wie bei richtigen Superhero-Filmen.

Fazit: 80s-Actionkino fasziniert bis heute, genau weil es so anders ist

Fast alles an modernen Actionfilmen ist realistischer, durchdachter, glaubwürdiger und besser inszeniert. Dennoch üben teils über 40 Jahre alte Filme, denen es an all dem mangelt, immer noch einen riesigen Reiz aus – gerade, weil es ihnen an diesen Faktoren mangelt.

80s-Actionböller sind längst ein eigenes Sub-Genre für sich mit spezifischen Merkmalen und wiederkehrenden Mustern: Überzogene Action, bolzengerade Gut-Böse-Schemata, jede Menge Feuerwerk. Manchmal braucht es einfach nicht mehr, um richtig gute Unterhaltung zu liefern – ähnlich wie bei Gaumenfreuden: Ab und zu bringt ein gesundes, ausgewogenes Menü es einfach nicht, dann muss die Fast-Food-Tüte her. Wer das versteht, versteht auch, warum Rambo und Co. bis heute brennen – und weiterschießen.

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