
Um ihrem Leben zu entfliehen tanzt Gloria (Julianne Moore). Nicht immer, aber wenn sie sich danach fühlt, geht sie in die Disco. Oft allein, doch so kann sie ihren Alltag hinter sich lassen und frei sein.
Sebastián Lelio erzählt die Geschichte einer Frau in ihren fünfziger Jahren. Ihr Leben ist nach der Scheidung ihres Mannes eine Achterbahnfahrt und doch versucht sie, jeden Tag in vollen Zügen zu genießen. Als sie sich eines Abends in ihre Stammdisco begibt, um wie häufiger ein wenig zu tanzen, trifft sie auf Arnold (John Turturro). Beide geschieden, haben das Gefühl, wieder die Liebe in sich entfacht zu haben und so ergibt sich aus einer gemeinsamen Nacht schnell eine Beziehung. Arnold lässt sie all das Fühlen, was sie in ihrem Leben auf viele Wege suchte – Freiheit.

Wenn ein Film erfolgreich ist, möchte auch Hollywood einen Teil des Kuchens abbekommen. So auch hier geschehen: Der chilenische Film wurde kurzerhand erneut unter der Regie von Lelio inszeniert, doch dieses Mal massentauglicher.
Julianne Moore geht in ihrer Rolle der Gloria auf, man hat an vielen Stellen das Gefühl, als wäre sie auch im wahren Leben genau die Frau, die sich noch einmal selbst finden möchte.
Doch dann wagt man einen Blick auf das Original von 2013 und merkt, wie der eigentliche Charme des Filmes verflogen ist.
Alle Wogen, alle charakterlichen Tiefen scheinen glatt gebügelt vom makellosen Hollywood. Charaktere, die zur Identifikation dienen sollen, sind nun doch eher stereotypen des glamourösen Hollywoods. Auch wird der Film anstatt einer grundsätzlichen Überarbeitung beim Alten belassen. Man fertigt eine Kopie an, bei der Szenen 1:1 identisch sind. Kritikpunkte des ersten Teiles wurden in den sechs Jahren seit der erstmaligen Erscheinung schlichtweg ignoriert und stumpf adaptiert. Der Frage, ob derselbe Film, der 2013 noch ganz gut war, auch 2019 funktioniert, hat man sich hier in keiner Sekunde gestellt.
In den letzten Jahren nahm das Hinterfragen bezüglich alter Motive verstärkt zu, doch Lelio greift dennoch auf ein quasi unverändertes Drehbuch zurück. So ist das Tanzen ein starkes Symbol der Freiheit, das den Film durchweg trägt, doch werden auch gesellschaftlich kritische Punkte verharmlost.
Arnold besitzt einen Freizeit-Park mit Paintball Waffen. Das für sich stellt kein Problem dar, doch später im Film hat man doch das Gefühl, als wäre die NRA (zu Deutsch: Nationale Gewehr-Vereinigung) involviert gewesen. Wir sehen Gloria und Arnold bei zwei Freunden auf der Veranda sitzend und das Thema bewegt sich in Richtung Waffen. Die Freunde sehen es kritisch, Waffen überall erwerben zu können, doch Arnold sieht das anders. Waffen seien Freiheit und „Männer spielen gerne Krieg“. Sebastián Lelio verpasst so einem der Protagonisten eine äußerst fragwürdige Einstellung, die weder zielführend ist, noch hinterfragt wird. Selbst die charakterstarke und schlagfertige Gloria genießt nur ihren Drink und schweigt.

So reißt der Film diverse wichtige Thematiken an, schafft es allerdings nicht, sie bis zum Ende auszuführen, einen Diskurs zu schaffen und dem Film so zu Tiefe zu verhelfen.
Am Ende ist „Gloria: Das Leben wartet nicht“ ein Film für jene, die sich selbst finden möchten. Wem es an eigener Stärke mangelt, Inspiration fürs Leben sucht und sich eingeengt fühlt, der mag mit Gloria vielleicht eine Freude haben. Doch wahre Lösungen wird dieser Film nicht bieten. Wer mehr erwartet als eine dramatische Romanze a la Hollywood, hat bei Klassikern oder dem Original die eindeutig bessere Wahl getroffen.
Bild:
Das Bild von „Gloria“ ist stets auf die Stimmung der titelgebenden Protagonistin angepasst. In Situationen in denen sie glücklich ist, erwarten uns daher knackige Farben, in eher trübseligen Situationen spiegelt sich das durch monotonere Farben in der Darstellung wider. Alles in allem erwartet einen eine zweckmäßige Inszenierung als ein bildgewaltiges Epos.
Ton:
Beim Ton ist in der englischen als auch in der deutschen Fassung DTS-HD 5.1 verfügbar. Auch wenn der Film wenige Situationen bietet, in denen das Klangspektrum wirklich ausgereizt wird, klingt der Soundtrack immer klar und voll.
Extras:
Als Extra-Feature findet sich auf der Blu-ray der Kinotrailer zum Film.
(Nils Zehnder)
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