Der 2011 erschienene Agententhriller „Wer ist Hanna“ mit seinem Budget von 30 Mio. Dollar und seinen weltweiten Einnahmen von insgesamt 65,3 Mio. Dollar, war eher ein moderater Erfolg. In dem Agententhriller Genre gilt der Film jedoch als kleiner Geheimtipp und machte die damals noch blutjunge und inzwischen mehrfach oscarnominierte Saoirse Ronan im Mainstream bekannt.
Jetzt knappe 8 Jahre später, hat Amazon dem Film als neues Prestige Objekt, einen Serienreboot verpasst. Produziert und geschrieben von David Farr, der auch für den Film verantwortlich war.


Optisch merkt man das hohe Budget zu jeder Sekunde. Die Aufnahmen sind richtig klasse und hochwertig gemacht, so dass sie Kinoproduktionen in nichts nachstehen. Jedoch ist das Storytelling sehr, sehr langatmig geraten.
Die erste Staffel beinhaltet 8 Episoden zu je 40-55 Minuten Laufzeit und ich muss leider sagen, dass dies immer noch zu lang ist. 2-3 Folgen weniger hätten der Serie richtig gut getan. Die ersten beiden Folgen führen die Charaktere sehr gut ein, gibt ihnen eine gute Tiefe und hat eine sehr gute Atmosphäre. Jedoch erzählen die ersten beiden Folgen in einer verlängerten Form den Film nach. Wer also den Film kennt, wird sich hier schnell langweilen, da die Serie in der Form nichts Neues zu bieten hat und die Erzählgeschwindigkeit entsprechend auch viel langsamer ist. Wer aber ohne Vorkenntnisse an die Serie rangeht, wird sicherlich schon bei den ersten beiden Folgen viel Spaß haben, auch wenn es an sich eher ruhig zugeht, mit weniger Dialogen und oftmals reiner Bildersprache.
Ab der dritten Folge gehen Film und Serie aber getrennte Wege, wobei man hier die Story in zwei Teile aufteilen kann. Einmal die Story um Erik, gespielt von Joel Kinnaman, sowie der Weg der von Hanna gespielt wird (Esme Creed-Miles).

Der Part um Hanna dagegen fällt merklich herab. Esme Creed-Miles macht ihre Sache zwar sehr gut, kommt aber nicht an die Fußstapfen der großen Saoirse ran. Dazu ist ihre Storyline, wie sie versucht mit anderen Teenagern klar zu kommen, sehr sehr anstrengend, denn die anderen Teenager sind schlichtweg extrem nervig und Klischee pur. Da die Erzählgeschwindigkeit nicht höher geht, darf man sich auch längere Zeit mit dem Part rumärgern, Augen verdrehen und kämpfen, nicht frustriert vor zu spulen oder gar auszuschalten.
Zwar gibt es Hanna mehr Tiefe, aber an sich wird das Ganze viel zu lange ausgewälzt. Erst als sich die Storyline von Erik und Hanna wieder zusammenfügen, nimmt die Serie mächtig an Fahrt auf und zum Finale überschlagen sich die Ereignisse. Es wird sehr dramatisch, actionreich und sehr spannend. Mit dem Staffelfinale wird man definitiv belohnt, dass man die Staffel nicht abgebrochen hat. Das ist klar das Highlight in Season 1., wobei man sich als Zuschauer schon fragt, warum nicht gleich so?

Das Finale endet zwar ohne großen Cliffhanger aber hinterlässt sehr viele offene Fragen und schafft damit gleichzeitig eine sehr interessante Ausgangslage für die bereits bestätigte zweite Staffel.
Fazit: Eine sehr ruhige Mischung aus Agententhriller und Coming of Age Teeniedrama. Die erste Staffel war leider nicht das erhoffte Meisterwerk, optisch zwar hochwertig in Szene gesetzt, zeigt sie durch die sehr langsame Erzählweise und sehr anstrengende Charaktere deutliche Schwächen. Gleichzeitig hat sie mit der Agentenstory viel Potenzial, um vielleicht doch noch etwas Großes zu werden. Vielleicht sogar das Aushängeschild, was sich Amazon davon erhofft. Die Frage ist nur, ob Staffel zwei das Potenzial nutzen kann. Kenner und Liebhaber des Films werden von der ersten Staffel sehr enttäuscht sein.
Amazon bietet die Serie auch in 4k an.
(Pierre Schulte)
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