„Malak“
Story:
Hannover, der junge Kazim hält sich mit Jobs als Geldeintreiber für einen türkischen Clan-Boss über Wasser. Seine Schwester geht anschaffen und sein versoffener Vater Baba kommt nur noch ab und an zu sich. Damals, als sein Bruder Malak bei einem tragischen Zwischenfall ums Leben kam, verließ die Mutter die Familie. Seitdem schlagen sich die Drei mehr oder weniger mittelprächtig durchs Leben. Kazim hat seinem Vater bis heute nicht verziehen, dass er die Familie so zerrüttete und mit harter Hand ohne Verständnis seine Patriarchen-Rolle ausübte. Dabei war Baba selbst das schwächste Glied der Kette, kein Job und spielsüchtig, dafür mit einem Sack voller Schulden. Wäre nicht der kleine Verdienst der Mutter gewesen, wäre die Familie völlig abgestürzt. Doch während sich Baba wie ein Wilder in den eigenen vier Wänden aufspielt und immer den moslemischen Glauben zitierte, zerbrach die kleine Familie an Babas Verfehlungen. Die letztendlich das Leben seines ältesten Sohnes kostete. Nun ist Kazim erwachsen, doch nichts hat sich geändert. Sein Leben wird immer noch von Gewalt regiert. Sein Vater hat seinen Glauben längst verloren und ertränkt seine Schuld im Suff, die ihn nach und nach auffrisst. Auch seine geliebte Schwester ist in der Prostitution gelandet und das auch noch bei dem Neffen, von Babas altem Gläubiger Kaan. Ein Teufelskreis, aus dem es scheinbar kein entrinnen gibt. Doch ein Augenblick verändert alles und Kazim steht nicht nur vor den Peinigern seiner Schwester, sondern auch vor seiner größten Herausforderung… der Vergebung.
Meinung:
Laut einem Interview lehnte Timo Hinkelmann eine größere Fördersumme ab, da die mit der Auflage gekoppelt gewesen wäre, wieder nur einen Kurzfilm machen zu können. So finanzierte Hinkelmann seinen Film „Malak“ kurzerhand selbst und erstaunlicherweise sollte er mit dieser Entscheidung Recht behalten. Bei einem Budget von 20.000 Euro sind größere Sprünge natürlich nicht drin, aber Hinkelmann verstand es, jeden Cent gut einzusetzen. Die Besetzung besteht hauptsächlich aus Laiendarstellern und dennoch überraschte mich die eine oder andere Performance. Ebenso verstand es Hinkelmann auch, die nicht ausgebildeten Schauspielern zu führen und anzuleiten.
Das von Hinkelmann selbst verfasste Drehbuch besteht aus zwei Akten und setzt sich mit allerlei gesellschaftskritischen Themen wie, Spielsucht, Gewalt in der Familie, Gewalt auf der Straße, Drogen, Prostitution, Zerrüttung sowie Mord auseinander. Der erste Akt zeigt das Leben von Malak und Kazim als Kinder in einer Familie mit Migrationshintergrund. Diese kann nur durch den Job der Mutter über Wasser gehalten werden, da der Vater zwar ein gläubiger Moslem, aber ein schwacher Geist ist und der Spielsucht verfiel. Dennoch kehrt dieser den Patriarchen heraus und meint, die Familie mit Härte und Strenge führen zu müssen. So bleiben Konflikte nicht aus und häusliche Gewalt ist an der Tagesordnung. Sein ältester Sohn Malak hält dies nicht mehr aus und so ist es nur eine Frage der Zeit, bis er sich gegen seinen Vater wendet. Während eines erneuten Vater Sohn Konflikts und der Gefahr durch die Schläger von Babas Gläubigern, begeht dieser einen fatalen Fehler, den sein Sohn Malak mit dem Leben bezahlt.

Timo Hinkelmann beschreibt eine Familie, die sich in Hannover am sozialen Abgrund bewegt. Er zeigt auch ungeschönt die Gewalt, die es in diesen Brennpunkten gibt, innerhalb wie auch außerhalb der Familie. Er lässt seinen Protagonisten Kazim im Verlauf einen gewalttätigen und racheerfüllten Weg beschreiten. Ebenso wichtig scheint Hinkelmann aber auch das Thema Vergebung und Glaube, um einen Neuanfang beschreiten zu können. Dies zeigt der Regisseur aber glücklicherweise nicht durch eine rosarote Brille im amerikanischen Happy End Stil. Ganz im Gegenteil, er zeigt, dass dies ein langer und schwerer Weg für alle Beteiligten werden wird und eventuell der Glaube dabei hilft, die Menschen wieder zusammen zu führen. Zugegeben, der Plot ist jetzt nicht gerade bahnbrechend neu und auch das Pacing hätte etwas straffer sein können. Aber für eine Erstlingswerk ohne entsprechende Erfahrung, geschweige denn Ausbildung, kann sich dieser Streifen durchaus sehen lassen. Besonders überraschend fand ich die Führung des Laien-Casts von einem unerfahrenen Regisseur. Diese Aufgabe hat Timo Hinkelmann wirklich respektabel gelöst. Hier wären dann auch gleich Bunga Lopez (Kazim) und Lewis Lovely Asamoah (Baba) und Bruder des bekannten Fußball Spielers Gerald Asamoah) erwähnt. Beide sind keine gelernten Schauspieler und beiden merkt man auch ihr Laienspiel an. Doch während bei Bunga Lopez dies ab und an mehr auffällt, war ich von Asamoahs Performance mehr als nur positiv überrascht. Seine Darstellung des einst strengen Vaters, der von seiner Schuld innerlich aufgefressen wird, war für einen Laien schon eine richtig starke Darstellung. Noch ein bisschen mehr Routine und ich könnte mir Asamoah in jeglicher Fernsehproduktion vorstellen. Die restlichen Amateur Darsteller spielten nach ihren Möglichkeiten recht ordentlich, auch wenn so einige Betonungen und das eine oder andere Mimikspiel stark am Overacting vorbei schrammten. Der Film setzt zwar hauptsächlich auf eine Laienspieltruppe, weist aber dennoch einen prominenten Darsteller auf, Imad Mardnli, bekannt aus der Netflix Serie „Dogs of Berlin“.
Fazit:
Kommen wir zum Fazit: Ich muss sagen, es ist schon eine Weile her, dass ich einen Independent Titel auf der Mattscheibe hatte, der mich nicht beeindrucken konnte. Dass es sich dabei auch noch um ein Erstlingswerk eines, ich betone, nicht ausgebildeten Regisseurs handelt, war dann noch die Überraschung schlechthin. Ich kenne so einige Erstlinge, doch selten waren diese so rund wie Hinkelmanns „Malak“. Ich möchte nun auch nicht, dass es nach reiner Lobhudelei klingt, denn natürlich hat auch dieser Film noch Luft nach oben. Doch der Regisseur machte in diesem Streifen schon so einiges richtig, was man einfach anerkennen muss. Dazu gehört auch die Führung seiner Laienschauspieltruppe. Das Pacing ist zwar noch nicht ganz stimmig, auch das Drehbuch mag noch Feintuning vertragen sowie die eine oder andere Kameraeinstellung, doch mit zunehmender Erfahrung sollten diese Defizite der Vergangenheit angehören. Hinkelmann erzählt im Film die Geschichte einer Migranten Familie aus Mali, dabei splittet er den Film bewusst in zwei Akte, Kids und Grown-ups. Beide Akte bestehen aus dramatischen Verläufen, die in diesem Milieu keine Seltenheit sind. Dies stellt der Regisseur sehr realitätsnah und nachvollziehbar dar. Mit Bunga Lopez und besonders mit Lewis Asamoah hat Hinkelmann in seinem Laiencast zwei wirklich sehr gute Trümpfe, die dem Film noch den richtigen Schliff verpassen, auch wenn nicht jede Textzeile oder Mimik sitzt. Timo Hinkelmann erzählt zwar jetzt keine neue bisher unbekannte Geschichte, aber er fügt der anhaltenden Problematik in diesen sozialen Brennpunkten eine interessant inszenierte Seite hinzu. Kurzum, mit „Malak“ hat er schon mal einen guten Einstieg hingelegt und ich bin gespannt wo Hinkelmanns weiterer Regie Weg noch hinführt.
Wie immer möchte ich mich für eure Aufmerksamkeit bedanken und hoffe wir lesen uns bei meinem nächsten Review wieder.
(Marc Maurer)
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