Before Midnight

Before Midnight: Eine Dekade später – Liebe, Leben und die griechische Sonne

Neun Jahre nach ihrer leidenschaftlichen Wiederbegegnung in Paris und fast zwei Jahrzehnte nach ihrer schicksalhaften Begegnung im Zug nach Wien, finden wir Céline und Jesse in Richard Linklaters „Before Midnight“ wieder. Dieses Mal ist Griechenland der Schauplatz ihrer Liebe, ihrer Träume und ihrer wachsenden Herausforderungen. „Before Midnight“ ist mehr als nur eine Fortsetzung einer romantischen Filmreihe; es ist eine ehrliche, schonungslose und zutiefst berührende Auseinandersetzung mit den Realitäten einer langjährigen Beziehung.

Die griechische Idylle und ihre Risse

Wir treffen Céline (Julie Delpy) und Jesse (Ethan Hawke) im Urlaub auf der griechischen Halbinsel Peloponnes. Sie sind Eltern von Zwillingstöchtern und leben in Paris. Jesse hadert mit der Entfernung zu seinem Sohn Hank, der in Chicago bei seiner Ex-Frau lebt. Die idyllische Umgebung, die einladende Sonne und das azurblaue Meer bilden eine wunderschöne Kulisse, doch unter der Oberfläche brodelt es. Die langen Gespräche, die einst ihre Beziehung definierten, sind nun von Routinen, Verantwortlichkeiten und unausgesprochenen Erwartungen geprägt.

Ein Freund des Gastgebers, ein älterer Schriftsteller, stellt ihnen ein abgelegenes Hotelzimmer für eine Nacht zur Verfügung, damit sie Zeit zu zweit verbringen können. Diese Geste der Freundlichkeit soll ihnen einen Raum für Romantik und Intimität geben, doch stattdessen wird sie zum Katalysator für eine explosive Auseinandersetzung.

Die Kunst des Dialogs: Ehrlichkeit und Verletzlichkeit

Wie schon in den Vorgängerfilmen lebt „Before Midnight“ von den brillanten Dialogen zwischen Céline und Jesse. Linklater, Delpy und Hawke haben gemeinsam am Drehbuch gearbeitet, was dem Film eine unglaubliche Authentizität verleiht. Die Gespräche fühlen sich echt an, weil sie echt sind. Sie spiegeln die Höhen und Tiefen einer langen Beziehung wider, die Kompromisse, die Opfer und die unausweichlichen Enttäuschungen.

Céline, die in ihren Vierzigern steht, kämpft mit ihrer Identität. Sie fühlt sich von Jesse nicht ausreichend wertgeschätzt und unterdrückt. Ihre beruflichen Ambitionen scheinen hinter seinen Bedürfnissen zurückzustehen. Jesse hingegen ringt mit dem Gefühl, zwischen seiner Familie in Europa und seinem Sohn in Amerika hin- und hergerissen zu sein. Er träumt davon, näher bei Hank zu sein, was bedeuten würde, dass Céline ihre Karriere und ihr Leben in Paris aufgeben müsste.

In ihren hitzigen Diskussionen kommen lang aufgestaute Gefühle zum Vorschein. Sie werfen sich gegenseitig Versäumnisse vor, klagen über verlorene Träume und äußern Ängste vor dem Altern und dem Verlust der Leidenschaft. Doch inmitten des Streits blitzt immer wieder die tiefe Liebe und Zuneigung auf, die sie füreinander empfinden. Sie kennen einander in- und auswendig, und trotz aller Differenzen sind sie untrennbar miteinander verbunden.

Mehr als nur Romantik: Eine Reflexion über das Leben

„Before Midnight“ ist nicht nur ein Film über eine Beziehung, sondern auch eine Reflexion über das Leben selbst. Er thematisiert die Herausforderungen des Elternseins, die Schwierigkeiten, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, und die Angst vor dem Vergehen der Zeit. Der Film zeigt, dass Liebe Arbeit bedeutet und dass es kein Happy End gibt, sondern nur eine kontinuierliche Reise mit Höhen und Tiefen.

Die griechische Landschaft dient als Metapher für die Vergänglichkeit des Lebens. Die antiken Ruinen erinnern an vergangene Zeiten und die Unvermeidlichkeit des Verfalls. Doch gleichzeitig strahlt die griechische Sonne eine Wärme und Lebensfreude aus, die Mut macht und Hoffnung gibt.

Der Film verzichtet bewusst auf eine konventionelle Handlung. Er konzentriert sich stattdessen auf die Entwicklung der Charaktere und ihre Interaktionen. Die langen, ungeschnittenen Szenen ermöglichen es dem Publikum, in die Welt von Céline und Jesse einzutauchen und ihre Emotionen hautnah mitzuerleben.

Die Bedeutung von Kompromissen und Akzeptanz

Letztendlich geht es in „Before Midnight“ um die Bedeutung von Kompromissen und Akzeptanz. Céline und Jesse müssen lernen, die Fehler des anderen zu akzeptieren und ihre eigenen Bedürfnisse zurückzustellen. Sie müssen erkennen, dass Liebe nicht perfekt ist, sondern ein fortwährender Prozess der Anpassung und des Verständnisses.

Der Film endet nicht mit einem Happy End im klassischen Sinne, sondern mit einer Andeutung auf die Zukunft. Céline und Jesse versöhnen sich, aber es ist klar, dass ihre Probleme nicht einfach verschwunden sind. Sie haben sich entschieden, an ihrer Beziehung zu arbeiten und die Herausforderungen anzunehmen, die vor ihnen liegen. Sie haben verstanden, dass Liebe nicht bedeutet, einander zu verändern, sondern einander so zu akzeptieren, wie man ist.

Die Charaktere im Detail

Charakter	Schauspieler/in	Beschreibung
Céline	Julie Delpy	Eine intelligente und leidenschaftliche Frau, die mit ihrer Karriere und ihren Erwartungen an das Leben kämpft. Sie ist liebevoll, aber auch frustriert und ungeduldig.
Jesse	Ethan Hawke	Ein Schriftsteller, der zwischen seinen beiden Familien hin- und hergerissen ist. Er ist charmant und humorvoll, aber auch unsicher und selbstbezogen.

Die filmische Umsetzung

Richard Linklater beweist erneut sein Talent für authentische und einfühlsame Charakterstudien. Er verzichtet auf spektakuläre Effekte und setzt stattdessen auf die Kraft der Dialoge und die schauspielerische Leistung seiner Hauptdarsteller. Die Kameraarbeit ist unaufdringlich und konzentriert sich auf die Gesichter und Gesten von Céline und Jesse. Die griechische Landschaft wird als stimmungsvoller Hintergrund eingesetzt, der die Emotionen der Charaktere widerspiegelt.

Fazit: Ein Meisterwerk der Beziehungsdramatik

„Before Midnight“ ist ein Meisterwerk der Beziehungsdramatik. Er ist ehrlich, schonungslos und zutiefst berührend. Der Film zeigt, dass Liebe nicht einfach ist, sondern harte Arbeit erfordert. Er erinnert uns daran, dass es wichtig ist, Kompromisse einzugehen, die Fehler des anderen zu akzeptieren und die Liebe füreinander zu bewahren. „Before Midnight“ ist ein Film, der lange nach dem Abspann nachwirkt und uns dazu anregt, über unsere eigenen Beziehungen und unser eigenes Leben nachzudenken.

Der Film ist eine Hommage an die Liebe in all ihren Facetten – mit ihren Höhen und Tiefen, ihren Freuden und Leiden. Er ist ein Geschenk an alle, die sich in einer langen Beziehung befinden oder sich danach sehnen. „Before Midnight“ ist ein Film, der Mut macht, Hoffnung gibt und uns daran erinnert, dass die Liebe das Wertvollste ist, was wir haben.

Die „Before“-Trilogie: Ein filmisches Experiment

Die „Before“-Trilogie – bestehend aus „Before Sunrise“ (1995), „Before Sunset“ (2004) und „Before Midnight“ (2013) – ist ein einzigartiges filmisches Experiment. Sie begleitet Céline und Jesse über einen Zeitraum von fast zwei Jahrzehnten und zeigt, wie sich ihre Beziehung im Laufe der Zeit verändert. Jeder Film spielt neun Jahre nach dem vorherigen und fängt einen bestimmten Moment in ihrem Leben ein.

• Before Sunrise: Die zufällige Begegnung und die magische Nacht in Wien.
• Before Sunset: Die leidenschaftliche Wiederbegegnung in Paris und die Entscheidung, ihr Leben gemeinsam zu verbringen.
• Before Midnight: Die Herausforderungen und die Realitäten einer langjährigen Beziehung in Griechenland.

Die Trilogie ist nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern auch eine Chronik des Erwachsenwerdens. Sie zeigt, wie sich Céline und Jesse als Individuen entwickeln und wie ihre Beziehung sich an die veränderten Umstände anpasst. Die Filme sind geprägt von intelligenten Dialogen, authentischen Charakteren und einer einfühlsamen Regie. Sie sind ein Muss für alle Liebhaber des anspruchsvollen Kinos.

Die „Before“-Trilogie ist ein zeitloses Meisterwerk, das uns daran erinnert, dass die Liebe eine Reise ist, kein Ziel.

Studio	Arthaus / Studiocanal