Close – Eine zarte Geschichte über Freundschaft, Verlust und das Erwachsenwerden
Close, ein Film des belgischen Regisseurs Lukas Dhont, ist mehr als nur ein Drama. Es ist eine tiefgründige, berührende und visuell atemberaubende Auseinandersetzung mit der Fragilität von Freundschaft, der Komplexität von Emotionen und dem schmerzhaften Prozess des Erwachsenwerdens. Der Film, der international gefeiert und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde, darunter der Große Preis der Jury in Cannes, lässt niemanden unberührt und hallt noch lange nach dem Abspann in den Herzen der Zuschauer wider.
Die Unzertrennlichkeit von Léo und Rémi
Im Mittelpunkt von Close stehen die beiden 13-jährigen Jungen Léo und Rémi. Ihre Freundschaft ist von einer außergewöhnlichen Intensität und Innigkeit geprägt. Sie verbringen jeden Moment miteinander, teilen Geheimnisse, Träume und Abenteuer. Ihre Verbindung ist so tief, dass sie fast symbiotisch wirkt. Sie leben in einer ländlichen Umgebung, umgeben von der Schönheit der Natur, die ihre unbeschwerte Kindheit widerspiegelt. Sie rennen durch blühende Felder, radeln gemeinsam durch die Landschaft und schlafen eng aneinander gekuschelt ein. Ihre Welt scheint perfekt, unberührt von den Sorgen und Urteilen der Erwachsenen.
Doch diese Idylle gerät ins Wanken, als die beiden Jungen auf eine neue Schule kommen. Dort werden sie mit den Erwartungen und Konventionen der Gesellschaft konfrontiert. Ihre enge Freundschaft wird von den anderen Schülern beäugt und hinterfragt. Fragen und Bemerkungen, die ihre Beziehung als „mehr als nur Freundschaft“ interpretieren, verunsichern Léo. Er beginnt, sich von Rémi zu distanzieren, aus Angst vor Ablehnung und dem Stigma, anders zu sein.
Die Zerbrechlichkeit der Freundschaft
Léos Distanzierung trifft Rémi tief. Er versteht nicht, warum sich sein bester Freund plötzlich von ihm abwendet. Die einstige Unzertrennlichkeit weicht einer zunehmenden Entfremdung. Rémi, der sensibler und verletzlicher ist, leidet still unter der Zurückweisung. Er versucht, die Nähe zu Léo aufrechtzuerhalten, doch seine Bemühungen werden immer wieder abgewiesen.
Die Situation eskaliert, und es kommt zu einem tragischen Ereignis, das Léo mit den schmerzhaften Konsequenzen seiner Handlungen konfrontiert. Er muss sich der Realität stellen, dass seine Angst und Unsicherheit zu einem irreparablen Verlust geführt haben. Der Film begleitet Léo auf seinem Weg der Trauer, der Schuld und der Suche nach Vergebung.
Eine Reise der Trauer und Selbstfindung
Nach dem tragischen Verlust findet sich Léo in einem Strudel aus Schuldgefühlen und Verzweiflung wieder. Er versucht, mit dem Geschehenen umzugehen und die Verantwortung für seine Taten zu übernehmen. Er sucht die Nähe zu Rémis Mutter, Sophie, einer Pianistin, die selbst mit dem Verlust ihres Sohnes zu kämpfen hat. Zwischen den beiden entwickelt sich eine ungewöhnliche Beziehung, die von gegenseitigem Verständnis und dem Bedürfnis nach Trost geprägt ist.
Léo beginnt, sich intensiv mit seiner eigenen Identität und seinen Gefühlen auseinanderzusetzen. Er hinterfragt seine Entscheidungen und versucht, die Freundschaft zu Rémi in ihrer ganzen Tiefe zu verstehen. Er lernt, die Bedeutung von Ehrlichkeit, Empathie und Mut zu erkennen. Seine Reise ist schmerzhaft und herausfordernd, aber sie führt ihn letztendlich zu einem tieferen Verständnis von sich selbst und der Welt um ihn herum.
Die Themen des Films
Close berührt eine Vielzahl wichtiger Themen, die uns alle betreffen:
- Freundschaft und Intimität: Der Film zeigt die Bedeutung von Freundschaft und die Schwierigkeiten, intime Beziehungen aufrechtzuerhalten, insbesondere in einer Gesellschaft, die oft Geschlechterrollen und Erwartungen vorschreibt.
- Verlust und Trauer: Close thematisiert den schmerzhaften Prozess der Trauer und die verschiedenen Wege, mit Verlust umzugehen. Der Film zeigt, wie wichtig es ist, sich seinen Emotionen zu stellen und Unterstützung zu suchen.
- Identität und Selbstfindung: Der Film begleitet Léo auf seiner Reise der Selbstfindung und zeigt, wie wichtig es ist, zu sich selbst zu stehen und seine eigene Identität zu akzeptieren.
- Soziale Erwartungen und Konformität: Close kritisiert die gesellschaftlichen Erwartungen und Konventionen, die uns oft daran hindern, authentisch zu sein und unsere Beziehungen frei zu gestalten.
- Kommunikation und Empathie: Der Film verdeutlicht die Bedeutung von offener Kommunikation und Empathie in Beziehungen. Er zeigt, wie Missverständnisse und fehlende Kommunikation zu tragischen Konsequenzen führen können.
Die schauspielerischen Leistungen
Die beiden jungen Hauptdarsteller, Eden Dambrine (Léo) und Gustav De Waele (Rémi), liefern herausragende Leistungen ab. Ihre Darstellung ist authentisch, berührend und unglaublich überzeugend. Sie verkörpern die Verletzlichkeit und Intensität ihrer Figuren auf eine Weise, die den Zuschauern das Herz bricht. Auch Émilie Dequenne, die Rémis Mutter Sophie spielt, überzeugt mit ihrer einfühlsamen und nuancierten Darstellung einer trauernden Mutter.
Die visuelle Gestaltung
Die visuelle Gestaltung von Close ist ebenso beeindruckend wie die schauspielerischen Leistungen. Der Film ist geprägt von wunderschönen Landschaftsaufnahmen, die die ländliche Umgebung in ihrer ganzen Pracht zeigen. Die Kamera fängt die Schönheit der Natur ein und spiegelt gleichzeitig die inneren Zustände der Charaktere wider. Die Farbpalette ist warm und einladend, aber auch melancholisch und düster, je nach Stimmung der jeweiligen Szene. Die subtile und einfühlsame Regie von Lukas Dhont trägt maßgeblich zur emotionalen Wirkung des Films bei.
Die Musik
Die Musik von Valentin Hadjadj unterstreicht die emotionale Tiefe des Films auf perfekte Weise. Die sanften Klänge des Klaviers und der Streichinstrumente erzeugen eine Atmosphäre der Intimität und Verletzlichkeit. Die Musik verstärkt die emotionalen Momente und trägt dazu bei, dass der Film noch lange nach dem Abspann in den Herzen der Zuschauer widerhallt.
Auszeichnungen und Nominierungen (Auswahl)
Auszeichnung | Kategorie | Ergebnis |
---|---|---|
Filmfestspiele Cannes | Großer Preis der Jury | Gewonnen |
Oscarverleihung | Bester internationaler Film | Nominiert |
Europäischer Filmpreis | Bester Film | Nominiert |
César | Bester ausländischer Film | Gewonnen |
Close ist ein außergewöhnlicher Film, der uns auf eine emotionale Reise mitnimmt. Er ist eine berührende und ehrliche Auseinandersetzung mit Freundschaft, Verlust und dem Erwachsenwerden. Der Film ist nicht nur ein visuelles Meisterwerk, sondern auch ein tiefgründiges und bewegendes Drama, das uns lange nach dem Abspann beschäftigt. Close ist ein Film, den man gesehen haben muss, um seine ganze Kraft zu erfahren. Er regt zum Nachdenken an, berührt das Herz und lässt uns die Bedeutung von Freundschaft und Empathie neu entdecken.
Lukas Dhont ist mit „Close“ ein Meisterwerk gelungen, das die Zerbrechlichkeit menschlicher Beziehungen aufzeigt und die Bedeutung von Ehrlichkeit und Offenheit in Freundschaften hervorhebt. Es ist ein Film, der unter die Haut geht und lange im Gedächtnis bleibt. Ein Plädoyer für mehr Verständnis und Akzeptanz in einer Welt, die oft von Vorurteilen und Konventionen geprägt ist.