Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui: Eine Parabel über Macht und Manipulation
Bertolt Brechts zeitloses Meisterwerk, „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“, wurde 1972 von Manfred Wekwerth kongenial verfilmt und bietet eine erschreckend aktuelle Parabel über den Aufstieg des Nationalsozialismus, verpackt in die Gangsterwelt Chicagos der 1930er Jahre. Dieser Film ist mehr als nur eine Adaption eines Theaterstücks; er ist eine eindringliche Mahnung, die uns die Mechanismen der Macht, die Verführbarkeit der Massen und die Gefahren des blinden Glaubens vor Augen führt.
Die Geschichte: Vom Gemüsehändler zum skrupellosen Diktator
Die Handlung des Films verlegt die Ereignisse des Dritten Reichs in das Chicago der 1930er Jahre. Arturo Ui, ein skrupelloser Kleinganove, sieht seine Chance gekommen, als die Gemüsehändler der Stadt unter dem Schutzgeldsystem leiden. Gemeinsam mit einer Bande von Kriminellen, darunter der brutale Ernesto Roma (als Analogie zu Ernst Röhm) und der gewiefte Emanuele Giri (als Anspielung auf Hermann Göring), nutzt Ui die Notlage der Händler aus, um seine Machtbasis zu erweitern.
Durch Einschüchterung, Gewalt und geschickte Propaganda gelingt es Ui, die Kontrolle über das Gemüsegewerbe zu erlangen. Er verspricht Schutz und Ordnung, doch in Wahrheit geht es ihm nur um seinen eigenen Vorteil. Seine Methoden werden immer rücksichtsloser, seine Anhänger immer blinder. Er inszeniert sich als starker Mann, der die Probleme der Stadt lösen kann, und gewinnt so die Unterstützung breiter Bevölkerungsschichten.
Der Film verfolgt Uis Aufstieg von einem unbedeutenden Gangster zu einem allmächtigen Diktator, der die Stadt in Angst und Schrecken versetzt. Er profitiert von der Schwäche der Demokratie, der Korruption und der Angst der Menschen. Seine Reden sind hohle Phrasen, seine Versprechungen leere Worthülsen, doch er versteht es meisterhaft, die Emotionen der Massen zu manipulieren.
Die Charaktere: Spiegelbilder der Geschichte
Die Charaktere in „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ sind nicht einfach nur fiktive Figuren; sie sind Allegorien auf historische Persönlichkeiten des Nationalsozialismus. Ui selbst ist eine Karikatur Adolf Hitlers, seine Anhänger sind Spiegelbilder von Göring, Röhm und Goebbels. Auch die Opfer von Uis Machtgier, die Gemüsehändler und die Bürger von Chicago, erinnern an die Menschen, die unter dem NS-Regime gelitten haben.
- Arturo Ui: Der skrupellose Gangster, der mit Gewalt und Propaganda an die Macht kommt.
- Ernesto Roma: Uis brutaler Handlanger, der für die schmutzige Arbeit zuständig ist.
- Emanuele Giri: Der gewiefte Propagandist, der Uis Lügen verbreitet und die Massen manipuliert.
- Dogsborough: Ein ehemaliger Gemüsehändler, der aus Angst vor Ui mit ihm paktiert.
Durch die Übertragung der historischen Ereignisse in die Gangsterwelt Chicagos macht Brecht die Mechanismen der Macht für das Publikum greifbarer. Er zeigt, dass Faschismus nicht an bestimmte Orte oder Zeiten gebunden ist, sondern dass er überall dort entstehen kann, wo es Ungerechtigkeit, Angst und die Bereitschaft zur Unterwerfung gibt.
Die Inszenierung: Brechts episches Theater im Film
Manfred Wekwerth gelingt es hervorragend, Brechts episches Theater auf die Leinwand zu übertragen. Der Film bricht mit den Konventionen des realistischen Kinos und setzt stattdessen auf Verfremdungseffekte, um das Publikum zum Nachdenken anzuregen. Die Schauspieler wenden sich direkt an die Kamera, kommentieren die Handlung und fordern die Zuschauer auf, sich eine eigene Meinung zu bilden.
Die Inszenierung ist bewusst künstlich und überzeichnet. Die Kostüme sind grell, die Kulissen stilisiert. Dies dient dazu, die Distanz zwischen dem Publikum und der Handlung zu wahren und zu verhindern, dass sich die Zuschauer mit den Figuren identifizieren. Stattdessen sollen sie die Mechanismen der Macht erkennen und verstehen, wie sie selbst manipuliert werden können.
Die Musik, komponiert von Hanns Eisler, verstärkt die Wirkung der Verfremdungseffekte. Sie ist oft dissonant und unterstreicht die Absurdität der Ereignisse. Die Lieder, die von den Schauspielern gesungen werden, kommentieren die Handlung und vermitteln Brechts Botschaft auf eindringliche Weise.
Die Bedeutung: Eine zeitlose Warnung
„Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ ist ein Film, der auch heute noch von erschreckender Aktualität ist. Er zeigt, wie leicht Demagogen die Massen manipulieren und wie schnell eine Gesellschaft in den Abgrund stürzen kann. Er ist eine Warnung vor der Verführungskraft der Macht, der Gefahr des blinden Glaubens und der Bedeutung von Zivilcourage.
Der Film regt dazu an, kritisch zu denken, sich nicht von Propaganda blenden zu lassen und sich für eine gerechtere Welt einzusetzen. Er erinnert uns daran, dass Demokratie keine Selbstverständlichkeit ist, sondern dass sie jeden Tag aufs Neue verteidigt werden muss. Er fordert uns auf, Verantwortung zu übernehmen und uns gegen jede Form von Unterdrückung und Gewalt zu stellen.
Brechts Botschaft ist klar: Der Aufstieg des Faschismus ist nicht unvermeidlich. Er kann aufgehalten werden, wenn die Menschen wachsam sind, sich informieren und den Mut haben, Widerstand zu leisten. „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ ist ein Film, der uns daran erinnert, dass die Geschichte sich wiederholen kann, wenn wir nicht aus ihr lernen.
Die schauspielerischen Leistungen: Ein Ensemble der Extraklasse
Die schauspielerischen Leistungen in „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ sind herausragend. Unter der Regie von Manfred Wekwerth brillieren die Darsteller mit ihren pointierten Interpretationen der Charaktere. Besonders hervorzuheben ist Ekkehard Schall in der Rolle des Arturo Ui, der die Mischung aus Skrupellosigkeit, Dummheit und Charisma des Diktators meisterhaft verkörpert.
Auch die Nebenrollen sind exzellent besetzt. Martin Flörchinger überzeugt als der opportunistische Emanuele Giri, während Kurt Böwe den brutalen Ernesto Roma mit beängstigender Intensität spielt. Das gesamte Ensemble trägt dazu bei, die Parabel Brechts auf eindringliche Weise zum Leben zu erwecken.
Fazit: Ein Meisterwerk des politischen Kinos
„Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ ist ein Meisterwerk des politischen Kinos, das uns noch lange nach dem Abspann beschäftigt. Er ist eine Mahnung, eine Warnung und eine Aufforderung zum Handeln. Er ist ein Film, der uns die Augen öffnet und uns dazu bringt, über die Welt, in der wir leben, nachzudenken. Er ist ein Film, den jeder gesehen haben sollte.
Dieser Film ist nicht nur ein historisches Dokument, sondern auch ein wichtiger Beitrag zur politischen Bildung. Er zeigt uns, wie Propaganda funktioniert, wie Demagogen die Massen manipulieren und wie wichtig es ist, sich gegen jede Form von Unterdrückung und Gewalt zu stellen. Er ist ein Film, der uns Mut macht, für unsere Überzeugungen einzustehen und für eine gerechtere Welt zu kämpfen.
Lassen Sie sich von „Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui“ inspirieren und werden Sie Teil einer Bewegung, die sich für eine bessere Zukunft einsetzt! Denn nur gemeinsam können wir verhindern, dass sich die Geschichte wiederholt.
