Der Baader Meinhof Komplex: Ein Blick in den Abgrund der Ideologie
Der Baader Meinhof Komplex, ein Film von Uli Edel aus dem Jahr 2008, ist mehr als nur eine Chronik der RAF (Rote Armee Fraktion). Er ist ein erschütterndes, packendes und zugleich erschreckend realistisches Porträt einer Zeit, in der Ideale zu Waffen wurden und eine ganze Generation in den Strudel von Gewalt und Terrorismus geriet. Der Film navigiert auf beklemmende Weise durch die Eskalation einer Bewegung, die einst mit dem Anspruch antrat, Ungerechtigkeiten aufzudecken und die Welt zu verändern, und die schließlich im blutigen Chaos des bewaffneten Kampfes versank.
Die Geburtsstunde des Terrors: Von Protesten zu Bomben
Der Film beginnt mit den Unruhen der späten 1960er Jahre. Studentenproteste gegen den Vietnamkrieg, die vermeintliche Verlogenheit der Elterngeneration und die autoritären Strukturen der Gesellschaft gären. Andreas Baader (Moritz Bleibtreu), ein charismatischer, ungestümer Rebell, und Ulrike Meinhof (Martina Gedeck), eine angesehene Journalistin und Intellektuelle, werden zu den Köpfen einer radikalen Bewegung. Ihre anfängliche Kritik an den Missständen der Zeit schlägt schnell in offene Konfrontation um. Die Brandstiftung in einem Frankfurter Kaufhaus, als Protest gegen den Vietnamkrieg, markiert einen Wendepunkt – der Übergang von Worten zu Taten ist vollzogen.
Edel zeichnet ein differenziertes Bild der Protagonisten. Baader wird als impulsiver, von revolutionärem Eifer getriebener Draufgänger dargestellt, während Meinhof als die intellektuelle Stimme der Bewegung fungiert, die versucht, die Gewalt ideologisch zu rechtfertigen. Ihre Beziehung ist komplex und von gegenseitiger Faszination, aber auch von Spannungen geprägt. Sie repräsentieren die Zerrissenheit einer Generation, die zwischen dem Wunsch nach Veränderung und der Verlockung der Gewalt gefangen ist.
Die Spirale der Gewalt: Eskalation und Isolation
Nach der Befreiung Baaders aus dem Gefängnis durch Meinhof und weitere Komplizen tauchen die Protagonisten in den Untergrund ab und gründen die Rote Armee Fraktion. Sie unterziehen sich einem militärischen Training in einem palästinensischen Camp und beginnen mit einer Reihe von Bombenanschlägen und Banküberfällen, die Deutschland in Angst und Schrecken versetzen. Der Film spart dabei keine Details aus, zeigt die Brutalität der Anschläge und die zunehmende Verrohung der RAF-Mitglieder. Die Gewalt wird zur Droge, die sie immer tiefer in den Abgrund zieht.
Die Jagd auf die Terroristen wird zum Staatsakt. Horst Herold (Bruno Ganz), der Leiter des Bundeskriminalamtes, setzt alles daran, die RAF zu zerschlagen. Seine Methoden sind hart, aber er bleibt stets dem Rechtsstaat verpflichtet. Der Film zeigt den Kampf zwischen Staat und Terrorismus als ein Katz-und-Maus-Spiel, in dem beide Seiten zu immer drastischeren Mitteln greifen. Die RAF radikalisiert sich weiter, verliert den Kontakt zur Bevölkerung und isoliert sich zunehmend in ihrer eigenen Ideologie.
Die zweite Generation: Hoffnungslosigkeit und Tod
Nach der Verhaftung der ersten Generation der RAF um Baader, Meinhof und Ensslin (Johanna Wokalek) entsteht eine zweite Generation, die den Kampf fortsetzt. Diese jungen Terroristen sind noch radikaler und skrupelloser als ihre Vorgänger. Sie verüben Entführungen und Morde, um die Freilassung der inhaftierten RAF-Mitglieder zu erzwingen. Der „Deutsche Herbst“ 1977, mit der Entführung und Ermordung von Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer und der Entführung der Lufthansa-Maschine „Landshut“, markiert den Höhepunkt des RAF-Terrors.
Der Film zeigt die Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit der zweiten Generation. Sie sind gefangen in der Ideologie ihrer Vorgänger, ohne deren charismatische Führungsfiguren. Ihre Aktionen sind von blinder Wut und Verzweiflung getrieben, ohne ein klares politisches Ziel. Der Film endet mit dem Tod von Baader, Ensslin und Raspe im Gefängnis Stammheim. Ob es sich dabei um Selbstmord oder Mord handelte, bleibt offen – eine Frage, die bis heute kontrovers diskutiert wird.
Die Authentizität: Ein Spiegelbild der Realität
Ein großer Verdienst des Films ist seine Authentizität. Uli Edel und sein Team haben akribisch recherchiert und sich eng an die Fakten gehalten. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Buch von Stefan Aust, der als Journalist die RAF-Geschichte über Jahrzehnte begleitet hat. Die Schauspieler verkörpern ihre Rollen auf beeindruckende Weise und vermitteln die Zerrissenheit und Radikalität der Protagonisten. Die detailgetreue Ausstattung und die realitätsnahe Darstellung der Ereignisse tragen dazu bei, dass der Film den Zuschauer in die Zeit des RAF-Terrors zurückversetzt.
Die Kontroverse: Eine Geschichte, die spaltet
Der Baader Meinhof Komplex ist ein Film, der polarisiert. Er hat heftige Diskussionen über die RAF und ihre Motive ausgelöst. Einige Kritiker werfen dem Film vor, die RAF zu verherrlichen oder ihre Gewalt zu relativieren. Andere sehen in ihm eine wichtige Auseinandersetzung mit einem dunklen Kapitel der deutschen Geschichte. Unbestritten ist, dass der Film den Zuschauer mit unbequemen Fragen konfrontiert: Wie konnte es zu dieser Eskalation von Gewalt kommen? Welche Rolle spielten die gesellschaftlichen und politischen Umstände? Und was können wir aus dieser Geschichte lernen?
Die Lehren: Eine Warnung vor dem Extremismus
Der Baader Meinhof Komplex ist mehr als nur ein historischer Film. Er ist eine Mahnung vor den Gefahren des Extremismus und der Gewalt. Er zeigt, wie Ideologien missbraucht werden können, um Menschen zu manipulieren und zu Verbrechen zu treiben. Der Film erinnert uns daran, dass politische Ziele niemals die Anwendung von Gewalt rechtfertigen können. Er ist ein Plädoyer für eine offene und tolerante Gesellschaft, in der Konflikte friedlich gelöst werden und in der die Würde des Menschen geachtet wird.
Der Film inspiriert dazu, sich mit den Ursachen und Folgen von Terrorismus auseinanderzusetzen und sich aktiv für eine Welt ohne Gewalt und Unterdrückung einzusetzen. Er erinnert daran, dass die Freiheit und Demokratie, die wir heute genießen, keine Selbstverständlichkeit sind, sondern hart erkämpft wurden und jeden Tag aufs Neue verteidigt werden müssen.
Der Baader Meinhof Komplex: Ein Muss für Geschichtsinteressierte
Für alle, die sich für die deutsche Geschichte und die Hintergründe des RAF-Terrorismus interessieren, ist Der Baader Meinhof Komplex ein absolutes Muss. Der Film bietet einen umfassenden und differenzierten Einblick in die Motive, Aktionen und Folgen der RAF. Er ist ein spannender Thriller, ein historisches Drama und ein politischer Kommentar in einem. Er ist ein Film, der nachwirkt und zum Nachdenken anregt.
Die Darsteller im Überblick:
Schauspieler | Rolle |
---|---|
Moritz Bleibtreu | Andreas Baader |
Martina Gedeck | Ulrike Meinhof |
Johanna Wokalek | Gudrun Ensslin |
Bruno Ganz | Horst Herold |
Nadja Uhl | Brigitte Mohnhaupt |
Stipe Erceg | Holger Meins |