Die fünfte Kolonne: Ein Meisterwerk der Spannung und Moral in Kriegszeiten
„Die fünfte Kolonne“ (Originaltitel: „Saboteur“) ist ein fesselnder Thriller von Alfred Hitchcock aus dem Jahr 1942, der den Zuschauer von der ersten Minute an in seinen Bann zieht. Vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs entfaltet sich eine Geschichte von Verfolgung, Intrige und der verzweifelten Suche nach Gerechtigkeit. Der Film ist nicht nur ein spannungsgeladener Actionfilm, sondern auch eine tiefgründige Auseinandersetzung mit den Themen Schuld, Unschuld und dem Kampf gegen innere und äußere Feinde.
Eine unschuldige Seele auf der Flucht
Barry Kane, ein junger Flugzeugbauer, wird fälschlicherweise des Sabotageakts in einer Flugzeugfabrik beschuldigt, bei dem sein Freund ums Leben kommt. Von dem Wunsch getrieben, seine Unschuld zu beweisen und den wahren Schuldigen zu finden, flieht Barry vor der Polizei und begibt sich auf eine gefährliche Reise quer durch die USA. Er ist ein Mann auf der Flucht, gejagt von den Behörden und verfolgt von dem Schatten des Verdachts.
Auf seiner Odyssee begegnet Barry einer Reihe von faszinierenden und zwielichtigen Charakteren, die ihm entweder helfen oder ihn verraten. Eine davon ist Patricia Martin, eine attraktive Nachtclubsängerin, die zunächst misstrauisch ist, aber nach und nach von Barrys Unschuld überzeugt wird. Gemeinsam stellen sie sich den Herausforderungen, die vor ihnen liegen, und entwickeln eine tiefe emotionale Bindung.
Die Inszenierung der Angst: Hitchcock in Höchstform
Alfred Hitchcock versteht es meisterhaft, die Atmosphäre der Angst und des Misstrauens zu erzeugen, die den Film durchzieht. Durch den Einsatz von raffinierten Kamerawinkeln, schnellen Schnitten und einer beklemmenden Musikuntermalung wird der Zuschauer in Barrys verzweifelte Lage hineinversetzt. Die Spannung steigert sich kontinuierlich, bis sie in einem atemberaubenden Finale ihren Höhepunkt erreicht.
Besonders eindrucksvoll ist die Szene auf der Freiheitsstatue, in der der wahre Saboteur, Fry, verzweifelt versucht, sich festzuhalten, während Barry ihn zu überzeugen versucht, sich der Polizei zu stellen. Der Schwindel erregende Blick in die Tiefe und die ausweglose Situation des Schurken erzeugen eine unglaubliche Spannung, die den Zuschauer bis zum Schluss in Atem hält. Diese Szene ist nicht nur filmtechnisch brillant, sondern auch symbolträchtig für den Kampf zwischen Gut und Böse, der im Herzen des Films tobt.
Charaktere im Spannungsfeld von Gut und Böse
Die Charaktere in „Die fünfte Kolonne“ sind vielschichtig und ambivalent. Barry Kane ist kein strahlender Held, sondern ein einfacher Mann, der durch die Umstände in eine außergewöhnliche Situation gerät. Seine Entschlossenheit und sein Gerechtigkeitssinn machen ihn jedoch zu einer Identifikationsfigur für den Zuschauer. Patricia Martin ist mehr als nur eine „Damsel in Distress“. Sie ist eine starke und unabhängige Frau, die ihre eigenen Entscheidungen trifft und Barry auf seiner Reise unterstützt.
Auch die Gegenspieler sind keine eindimensionalen Bösewichte. Charles Tobin, der Anführer der Saboteure, ist ein gebildeter und charismatischer Mann, der von einer perfiden Ideologie getrieben wird. Fry, der eigentliche Saboteur, ist ein psychisch labiler Mann, der von Tobin manipuliert wird. Diese Vielschichtigkeit der Charaktere macht den Film zu einer komplexen und fesselnden Auseinandersetzung mit den menschlichen Abgründen.
Die subtile Botschaft des Films
„Die fünfte Kolonne“ ist nicht nur ein spannender Thriller, sondern auch ein Film mit einer subtilen politischen Botschaft. Hitchcock prangert die Gefahr des Faschismus und die Zersetzungskraft von Propaganda an. Er warnt vor der „fünften Kolonne“, den inneren Feinden, die durch ihre subversive Tätigkeit die Gesellschaft von innen heraus zerstören wollen. Der Film appelliert an die Wachsamkeit und den Zusammenhalt der Gesellschaft im Kampf gegen diese Kräfte.
Darüber hinaus thematisiert der Film die Frage nach Schuld und Unschuld. Barry Kane wird fälschlicherweise beschuldigt und muss seine Unschuld beweisen. Diese Situation wirft die Frage auf, wie schnell Menschen aufgrund von Vorurteilen und falschen Informationen verurteilt werden können. Hitchcock plädiert für eine differenzierte Betrachtung und eine gerechte Behandlung jedes Einzelnen.
Die Bedeutung des Titels
Der Titel „Die fünfte Kolonne“ bezieht sich auf eine Gruppe von Verschwörern oder Saboteuren innerhalb eines Landes, die im Geheimen für einen äußeren Feind arbeiten, um das Land von innen heraus zu schwächen. Der Begriff wurde im Spanischen Bürgerkrieg populär, als ein Nationalist General Emilio Mola behauptete, er habe vier Kolonnen, die auf Madrid zumarschierten, und eine „fünfte Kolonne“ in der Stadt, die die Republikanische Regierung untergraben würde. In Hitchcocks Film verkörpern die Saboteure in den Vereinigten Staaten diese „fünfte Kolonne“, indem sie versuchen, die Kriegsanstrengungen zu sabotieren und Angst und Misstrauen zu säen.
Ein Film, der zum Nachdenken anregt
„Die fünfte Kolonne“ ist ein Film, der den Zuschauer auch nach dem Abspann noch beschäftigt. Er regt zum Nachdenken über die Themen Schuld, Unschuld, Gerechtigkeit und die Gefahren von Propaganda an. Der Film ist ein Meisterwerk des Spannungskinos, das durch seine brillante Inszenierung, seine vielschichtigen Charaktere und seine subtile Botschaft überzeugt. Er ist ein Muss für alle Liebhaber des klassischen Kinos und ein zeitloses Werk, das auch heute noch relevant ist.
Filmtechnische Details und Trivia
Hier einige interessante Details und Fakten rund um den Film:
- Regie: Alfred Hitchcock
- Drehbuch: Peter Viertel, Joan Harrison, Dorothy Parker (uncredited)
- Hauptdarsteller: Robert Cummings, Priscilla Lane, Otto Kruger
- Erscheinungsjahr: 1942
- Budget: Geschätzt 500.000 US-Dollar
- Drehorte: Verschiedene Orte in den USA, darunter Los Angeles, New York City und die Freiheitsstatue (teilweise Modellaufnahmen)
Trivia:
- Hitchcock hatte ursprünglich Gary Cooper für die Rolle des Barry Kane im Auge, entschied sich aber letztendlich für Robert Cummings.
- Die Szene auf der Freiheitsstatue war eine der anspruchsvollsten Dreharbeiten des Films und erforderte den Einsatz von Miniaturmodellen und Spezialeffekten.
- Obwohl Dorothy Parker am Drehbuch mitgearbeitet hat, wurde sie im Abspann nicht genannt.
Die Musik als Spiegel der Gefühle
Die Filmmusik von Frank Skinner trägt maßgeblich zur Intensität und Atmosphäre von „Die fünfte Kolonne“ bei. Sie unterstreicht die Spannung, die Verzweiflung und die Hoffnung des Protagonisten. Die Musik wechselt zwischen bedrohlichen Klängen, die die Gefahr und die Verfolgung widerspiegeln, und zarten Melodien, die die aufkeimende Liebe zwischen Barry und Patricia symbolisieren. Skinner versteht es, die emotionalen Nuancen der Geschichte musikalisch zu erfassen und den Zuschauer auf einer emotionalen Reise mitzunehmen.
Visuelle Meisterleistungen: Die Kunst der Kameraführung
Die Kameraführung in „Die fünfte Kolonne“ ist ein Paradebeispiel für Hitchcocks visuelles Geschick. Durch den Einsatz von ungewöhnlichen Perspektiven, dynamischen Kamerabewegungen und der subtilen Verwendung von Licht und Schatten erzeugt er eine beklemmende und zugleich faszinierende Bildwelt. Die Totalen, die die Weite der amerikanischen Landschaft zeigen, stehen im Kontrast zu den engen Einstellungen, die Barrys Isolation und Verzweiflung verdeutlichen. Die Kamera wird zum allwissenden Beobachter, der den Zuschauer in das Geschehen hineinzieht und ihn zum Komplizen der Geschichte macht.
Fazit: Ein zeitloser Klassiker
„Die fünfte Kolonne“ ist ein zeitloser Klassiker des Spannungskinos, der auch nach Jahrzehnten nichts von seiner Faszination verloren hat. Der Film ist ein Meisterwerk der Inszenierung, des Schauspiels und der Kameraführung. Er ist ein spannungsgeladener Thriller, der den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute fesselt. Aber er ist auch mehr als das: Er ist eine tiefgründige Auseinandersetzung mit den Themen Schuld, Unschuld, Gerechtigkeit und den Gefahren von Propaganda. „Die fünfte Kolonne“ ist ein Film, der zum Nachdenken anregt und den Zuschauer lange nach dem Abspann noch beschäftigt.