Die neun Pforten: Eine Reise in die Dunkelheit der Buchkunst und des Okkulten
In Roman Polanskis atmosphärischem Thriller „Die neun Pforten“ (Originaltitel: „The Ninth Gate“) aus dem Jahr 1999 begeben wir uns auf eine faszinierende und beunruhigende Reise in die Welt der seltenen Bücher, okkulter Symbole und dunkler Geheimnisse. Johnny Depp brilliert in der Rolle des Dean Corso, eines skrupellosen, aber hochkompetenten Antiquars, der in ein gefährliches Spiel um ein mysteriöses Buch verwickelt wird, das angeblich die Macht besitzt, die Tore zur Hölle zu öffnen.
Die Prämisse: Ein Buch von unheilvoller Macht
Der Film beginnt mit dem Auftrag des wohlhabenden Büchersammlers Boris Balkan (Frank Langella), der Corso engagiert, um die Echtheit seines Exemplars von „De Umbrarum Regni Novem Portis“ („Die neun Pforten zum Reich der Schatten“) zu überprüfen. Dieses Buch, angeblich vom Teufel selbst inspiriert und im 17. Jahrhundert vom Autor Aristide Torchia verfasst, soll die geheime Formel zur Beschwörung des Teufels enthalten. Balkan besitzt eines von nur drei existierenden Exemplaren und hegt den Verdacht, dass eines davon eine Fälschung sein könnte.
Corso, getrieben von seinem Ehrgeiz und dem hohen Honorar, nimmt den Auftrag an und taucht ein in eine Welt aus bibliophilen Obsessionen, satanistischen Ritualen und mörderischen Intrigen. Seine Reise führt ihn von New York über Toledo nach Paris, immer auf der Suche nach den anderen beiden Exemplaren und der Wahrheit hinter den geheimnisvollen Illustrationen des Buches.
Die Reise: Eine spiralförmige Abwärtsbewegung
Je tiefer Corso in die Materie eindringt, desto mehr gerät er in einen Strudel aus Gewalt und Mysterium. Er begegnet einer Reihe von skurrilen und verdächtigen Charakteren, darunter die rätselhafte „Grüne Augen“-Frau (Emmanuelle Seigner), die ihm auf unerklärliche Weise hilft und ihn gleichzeitig zu beobachten scheint. Er wird Zeuge von grausamen Morden und entdeckt, dass „Die neun Pforten“ mehr sind als nur ein Buch – es ist ein Schlüssel, ein Portal, ein Weg.
Die Illustrationen des Buches, jede einzelne ein kompliziertes Kunstwerk voller okkulter Symbole, sind der Schlüssel zu dem Rätsel. Corso erkennt, dass jede der neun Gravuren eine Art Initiation darstellt, einen Schritt auf dem Weg zur Erleuchtung – oder zur Verdammnis. Er beginnt zu vermuten, dass der Weg, den er beschreitet, nicht nur seinen Verstand, sondern auch seine Seele gefährdet.
Die Charaktere: Zwischen Obsession und Wahnsinn
- Dean Corso (Johnny Depp): Ein zynischer und pragmatischer Antiquar, der sich im Laufe der Geschichte von einem reinen Geschäftsmann zu einem Getriebenen wandelt, der von der Suche nach der Wahrheit besessen ist. Depps Darstellung verleiht Corso eine Mischung aus Cleverness, Skepsis und wachsender Angst.
- Boris Balkan (Frank Langella): Ein reicher und exzentrischer Büchersammler mit einer dunklen Leidenschaft für das Okkulte. Langella verkörpert die Rolle des kultivierten, aber unheimlichen Balkan perfekt.
- Die „Grüne Augen“-Frau (Emmanuelle Seigner): Eine geheimnisvolle und verführerische Frau, die Corso auf seiner Reise begleitet und ihm hilft, ihn aber auch zu manipulieren scheint. Ihre wahre Identität und ihre Motive bleiben bis zum Schluss im Dunkeln.
- Liana Telfer (Lena Olin): Die Witwe des verstorbenen Andrew Telfer, der Balkan sein Exemplar von „Die neun Pforten“ verkauft hatte. Liana ist besessen davon, das Buch zurückzugewinnen, und schreckt vor nichts zurück, um ihr Ziel zu erreichen.
Die Symbolik: Ein Schlüssel zur Interpretation
„Die neun Pforten“ ist reich an Symbolik, die den Film zu einer vielschichtigen und interpretierbaren Erfahrung macht. Die neun Gravuren des Buches sind von zentraler Bedeutung und repräsentieren verschiedene Stadien der okkulten Initiation. Jede Gravur enthält spezifische Symbole, die auf alchemistische, kabbalistische und satanistische Traditionen verweisen.
Das Schachspiel, das im Film mehrmals auftaucht, ist eine Metapher für das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Corso und seinen Verfolgern, aber auch für das größere Spiel um Macht und Kontrolle, das im Universum des Films stattfindet. Die „Grüne Augen“-Frau wird von einigen Zuschauern als eine Art Schutzengel oder spiritueller Führer interpretiert, während andere sie als eine Inkarnation des Teufels selbst sehen.
Die Themen: Gut gegen Böse, Wissen und Verdammnis
Der Film berührt eine Reihe von zentralen Themen, darunter:
- Gut gegen Böse: Der Kampf zwischen Corso und den Kräften des Bösen, die er im Laufe seiner Reise entfesselt, ist ein zentrales Motiv des Films. Die Frage, was wirklich gut und böse ist, wird jedoch immer wieder in Frage gestellt.
- Wissen und Verdammnis: Die Suche nach Wissen kann gefährlich sein, besonders wenn es sich um Wissen handelt, das für den menschlichen Geist nicht bestimmt ist. Die Charaktere in „Die neun Pforten“ sind bereit, alles zu riskieren, um die Geheimnisse des Buches zu entschlüsseln, selbst wenn dies bedeutet, ihre Seelen zu verlieren.
- Obsession: Die Charaktere des Films sind alle von einer bestimmten Obsession getrieben, sei es die Obsession mit Büchern, Macht oder dem Okkulten. Diese Obsessionen führen sie oft in den Wahnsinn und zur Zerstörung.
- Realität und Illusion: Die Grenzen zwischen Realität und Illusion verschwimmen im Laufe des Films zunehmend. Corso beginnt, seine eigene Wahrnehmung der Welt in Frage zu stellen, als er immer tiefer in die Welt des Okkulten eintaucht.
Polanskis Regie: Atmosphäre und Suspense
Roman Polanski, ein Meister des psychologischen Thrillers, schafft in „Die neun Pforten“ eine beklemmende und unheilvolle Atmosphäre. Er nutzt geschickt Licht und Schatten, um eine visuell ansprechende und beunruhigende Welt zu erschaffen. Die Kameraarbeit ist dynamisch und fängt die Spannung und das Geheimnis der Geschichte perfekt ein. Die Musik von Wojciech Kilar trägt ebenfalls zur Atmosphäre des Films bei und verstärkt die Gefühle von Angst und Unbehagen.
Polanski lässt den Zuschauer im Unklaren über die wahren Motive der Charaktere und die Bedeutung der Ereignisse. Er verzichtet auf einfache Erklärungen und lässt Raum für Interpretationen. Dies macht den Film zu einer intellektuell anregenden und nachhaltigen Erfahrung.
Kritik und Rezeption: Ein polarisierender Film
„Die neun Pforten“ erhielt bei seiner Veröffentlichung gemischte Kritiken. Einige Kritiker lobten Polanskis Regie, Depps Leistung und die atmosphärische Gestaltung des Films. Andere bemängelten die langsame Erzählweise, die mangelnde Auflösung und die verwirrende Symbolik.
Trotz der gemischten Kritiken hat sich der Film im Laufe der Jahre zu einem Kultklassiker entwickelt. Seine komplexe Handlung, die vielschichtigen Charaktere und die unheimliche Atmosphäre haben ihn zu einem Favoriten unter Genrefans gemacht. „Die neun Pforten“ ist ein Film, der zum Nachdenken anregt und den Zuschauer auch nach dem Abspann noch beschäftigt.
Fazit: Ein düsteres Meisterwerk für Liebhaber des Okkulten
„Die neun Pforten“ ist ein komplexer und anspruchsvoller Film, der nicht für jeden geeignet ist. Wer sich jedoch auf die Reise in die Dunkelheit einlässt, wird mit einem atmosphärischen und intellektuell anregenden Thriller belohnt. Der Film ist ein Fest für die Augen und den Geist, eine Reise in die Tiefen der menschlichen Psyche und die Abgründe des Okkulten. Johnny Depps Leistung, Polanskis Regie und die dichte Atmosphäre machen „Die neun Pforten“ zu einem unvergesslichen Filmerlebnis. Ein Muss für alle, die sich für seltene Bücher, okkulte Symbole und düstere Geheimnisse interessieren.
Wichtige Szenen des Films:
Szene | Beschreibung |
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Der Selbstmord von Andrew Telfer | Diese Szene setzt den Ton für den Film und deutet auf die dunklen Geheimnisse hin, die mit „Die neun Pforten“ verbunden sind. |
Corso trifft auf die „Grüne Augen“-Frau | Dieses erste Treffen ist rätselhaft und deutet auf die mysteriöse Rolle hin, die die Frau im Laufe der Geschichte spielen wird. |
Die Bibliotheksbrände | Diese Szenen verdeutlichen die Gefahren, die mit dem Besitz von „Die neun Pforten“ verbunden sind, und die Bereitschaft der Beteiligten, für ihre Ziele zu töten. |
Corso löst das Rätsel der Gravuren | Diese Momente sind spannend und intellektuell anregend, da der Zuschauer gemeinsam mit Corso die Bedeutung der Symbole entschlüsselt. |
Das Finale im Schloss | Das Finale ist verstörend und lässt den Zuschauer mit vielen Fragen zurück. Ist Corso wirklich erleuchtet worden, oder hat er sich der Dunkelheit hingegeben? |