Keine Gnade für Ulzana: Ein Western, der unter die Haut geht
„Keine Gnade für Ulzana“ (Originaltitel: Ulzana’s Raid) aus dem Jahr 1972 ist weit mehr als ein typischer Western. Regisseur Robert Aldrich schuf ein packendes und schonungsloses Meisterwerk, das tiefgründige Fragen über Krieg, Moral, Vorurteile und das Wesen des Menschen aufwirft. Der Film, mit Burt Lancaster in der Hauptrolle, erzählt eine Geschichte, die uns bis heute beschäftigt und zum Nachdenken anregt.
Die Geschichte: Ein blutiger Ritt durch die Hölle
Arizona, 1880er Jahre: Der erfahrene Apachen-Scout McIntosh (Burt Lancaster) wird widerwillig beauftragt, eine Einheit junger, unerfahrener Kavalleristen unter der Führung des idealistischen Leutnant DeBuin (Bruce Davison) aufzuspüren. Der Grund: Ulzana, ein legendärer und gefürchteter Apachen-Krieger, ist mit einer kleinen Gruppe seiner Anhänger aus dem Reservat geflohen und zieht eine blutige Spur der Verwüstung durch das Land.
DeBuin, voller naiver Vorstellungen von Ehre und Zivilisation, glaubt, Ulzana und seine Männer könnten mit Vernunft und Güte zur Aufgabe bewegt werden. McIntosh, der die Grausamkeit des Krieges und die unversöhnliche Natur des Konflikts zwischen Weiß und Indigenen kennt, versucht, DeBuin auf die Realität vorzubereiten. Doch der Leutnant will nicht hören und muss bald auf die harte Tour lernen, dass der Krieg keine Regeln kennt und dass Gut und Böse oft schwer zu unterscheiden sind.
Die Jagd nach Ulzana entwickelt sich zu einem brutalen Katz-und-Maus-Spiel. Ulzana und seine Krieger sind meisterhafte Taktiker, die das Land kennen und ihre Gegner immer wieder in Hinterhalte locken. Die Kavalleristen, unerfahren und schlecht vorbereitet, werden zu leichten Opfern. DeBuin muss hilflos mitansehen, wie seine Männer auf grausame Weise getötet werden.
McIntosh, hin- und hergerissen zwischen seiner Loyalität zur Armee und seinem Respekt vor den Apachen, wird zum moralischen Kompass der Geschichte. Er versucht, DeBuin zu helfen, die Situation zu verstehen und zu überleben, doch er weiß auch, dass es keinen einfachen Ausweg gibt. Der Krieg hat alle Beteiligten korrumpiert, und es gibt keine Hoffnung auf eine friedliche Lösung.
Die Charaktere: Zwischen Gut und Böse
„Keine Gnade für Ulzana“ besticht durch seine vielschichtigen Charaktere, die jenseits der üblichen Western-Klischees angesiedelt sind:
- McIntosh (Burt Lancaster): Ein erfahrener Scout, der die Grausamkeit des Krieges kennt und sich zwischen den Fronten bewegt. Er ist ein Mann der Tat, aber auch ein Mann mit Gewissen. Lancaster liefert eine beeindruckende Performance, die seine innere Zerrissenheit glaubhaft vermittelt.
- Leutnant DeBuin (Bruce Davison): Ein idealistischer junger Offizier, der an die Werte der Zivilisation glaubt. Er ist naiv und unerfahren, aber er lernt schnell und wird gezwungen, seine Überzeugungen zu hinterfragen. Davison spielt die Rolle des idealistischen Leutnants überzeugend, der im Laufe der Geschichte immer mehr desillusioniert wird.
- Ulzana: Ein legendärer Apachen-Krieger, der für seine Grausamkeit gefürchtet wird. Er ist ein Überlebenskünstler, der alles tut, um sein Volk zu schützen. Ulzana wird nie direkt gezeigt, aber seine Präsenz ist allgegenwärtig.
- Ke-Ni-Tay (Joaquin Martinez): Ein junger Apachen-Scout, der McIntosh bei der Jagd nach Ulzana unterstützt. Er ist hin- und hergerissen zwischen seiner Loyalität zu seinem Volk und seiner Verpflichtung gegenüber der Armee.
- Sergeant Rukeyser (Richard Jaeckel): Ein zynischer und abgebrühter Sergeant, der nur noch überleben will. Er ist ein Überbleibsel vergangener Schlachten und verkörpert die Brutalität des Krieges.
Themen und Motive: Ein Spiegel der Menschlichkeit
„Keine Gnade für Ulzana“ ist ein Film, der viele wichtige Themen anspricht:
- Krieg und Gewalt: Der Film zeigt die Grausamkeit und Sinnlosigkeit des Krieges. Er stellt die Frage, ob Gewalt jemals gerechtfertigt sein kann.
- Vorurteile und Rassismus: Der Film thematisiert die Vorurteile und den Rassismus gegenüber den Indigenen. Er zeigt, wie diese Vorurteile zu Gewalt und Unterdrückung führen.
- Moral und Ethik: Der Film stellt moralische und ethische Fragen. Er zwingt den Zuschauer, sich mit den eigenen Überzeugungen auseinanderzusetzen.
- Zivilisation und Wildnis: Der Film untersucht das Verhältnis zwischen Zivilisation und Wildnis. Er zeigt, wie die Zivilisation versucht, die Wildnis zu unterwerfen, aber dabei ihre eigenen Werte verliert.
- Identität und Zugehörigkeit: Der Film handelt von der Suche nach Identität und Zugehörigkeit. Die Charaktere sind hin- und hergerissen zwischen verschiedenen Kulturen und Loyalitäten.
Die Inszenierung: Authentizität und Realismus
Robert Aldrich inszenierte „Keine Gnade für Ulzana“ mit einem hohen Maß an Authentizität und Realismus. Die Landschaft Arizonas wird in atemberaubenden Bildern eingefangen, die die Weite und Unbarmherzigkeit des Landes widerspiegeln. Die Kampfszenen sind brutal und schonungslos, aber sie wirken nie glorifizierend. Aldrich verzichtet auf heroische Darstellungen und zeigt stattdessen die nackte Realität des Krieges.
Der Film verzichtet bewusst auf eine moralische Wertung. Aldrich lässt den Zuschauer selbst entscheiden, wer die Guten und wer die Bösen sind. Er zeigt die Motive und Beweggründe aller Beteiligten, ohne sie zu verurteilen. Dadurch entsteht ein komplexes und vielschichtiges Bild des Konflikts zwischen Weiß und Indigenen.
Die Musik: Ein Spiegel der Seele
Die Filmmusik von Frank De Vol unterstützt die Atmosphäre des Films auf eindringliche Weise. Sie ist düster und melancholisch, aber auch kraftvoll und mitreißend. Die Musik spiegelt die innere Zerrissenheit der Charaktere und die Hoffnungslosigkeit der Situation wider.
Die Bedeutung des Films: Ein Mahnmal gegen den Krieg
„Keine Gnade für Ulzana“ ist ein Film, der auch heute noch relevant ist. Er erinnert uns daran, dass Krieg und Gewalt immer Leid und Zerstörung verursachen. Er mahnt uns, Vorurteile und Rassismus zu überwinden und nach friedlichen Lösungen zu suchen. Der Film ist ein Plädoyer für Menschlichkeit und Toleranz.
Kontroversen und Kritik
Der Film löste bei seiner Veröffentlichung Kontroversen aus, da er die Grausamkeit des Krieges und die Vorurteile gegenüber den Indigenen schonungslos darstellt. Einige Kritiker warfen Aldrich vor, die Apachen zu dämonisieren. Andere lobten den Film für seine realistische und ungeschönte Darstellung des Konflikts.
Trotz der Kontroversen gilt „Keine Gnade für Ulzana“ heute als einer der wichtigsten und einflussreichsten Western aller Zeiten. Er hat zahlreiche andere Filme und Künstler inspiriert und wird bis heute diskutiert und analysiert.
Fazit: Ein Western, der nachwirkt
„Keine Gnade für Ulzana“ ist ein Western, der unter die Haut geht. Er ist brutal, schonungslos und bewegend. Der Film ist ein Meisterwerk, das uns zum Nachdenken anregt und uns die Grausamkeit des Krieges und die Bedeutung von Menschlichkeit und Toleranz vor Augen führt. Ein Film, den man gesehen haben muss.
Besetzung
Schauspieler | Rolle |
---|---|
Burt Lancaster | McIntosh |
Bruce Davison | Leutnant DeBuin |
Joaquin Martinez | Ke-Ni-Tay |
Richard Jaeckel | Sergeant Rukeyser |
Jorge Luke | Ulzana |
Technische Daten
- Regie: Robert Aldrich
- Drehbuch: Alan Sharp
- Musik: Frank De Vol
- Kamera: Joseph F. Biroc
- Erscheinungsjahr: 1972
- Länge: 103 Minuten
- FSK: 16