La Pivellina: Ein stilles Meisterwerk über Menschlichkeit und Hoffnung
La Pivellina, ein Film der österreichischen Regisseurinnen Tizza Covi und Rainer Frimmel aus dem Jahr 2009, ist mehr als nur ein Spielfilm. Er ist eine zarte, berührende und tiefgründige Meditation über das Leben am Rande der Gesellschaft, über die Kraft der Menschlichkeit und die unerschütterliche Hoffnung, die selbst in den dunkelsten Ecken des Daseins aufkeimen kann. Dieser Film ist eine Einladung, die Welt mit den Augen eines Kindes zu sehen und die Schönheit im Einfachen zu entdecken.
Eine zufällige Begegnung verändert alles
Die Geschichte beginnt mit einer zufälligen Begegnung: Patti, ein kleines, etwa zweijähriges Mädchen, wird von der Zirkusartistin Patty und ihrem Ehemann Walter in einem heruntergekommenen Wohnwagenpark am Stadtrand von Rom gefunden. Patty, selbst Mutter, spürt sofort eine tiefe Verbindung zu dem verlassenen Kind und nimmt es kurzerhand bei sich auf. Sie tauft es „Asia“, die Kleine, und umsorgt es liebevoll.
Patty und Walter leben ein bescheidenes Leben, geprägt von harter Arbeit und finanzieller Unsicherheit. Walter verdient sein Geld mit kleinen Reparaturen und Gelegenheitsjobs, während Patty als Seiltänzerin und Akrobatin ihr Publikum begeistert. Trotz ihrer eigenen Schwierigkeiten öffnen sie ihr Herz und ihr kleines Zuhause für Asia. Sie geben ihr Wärme, Geborgenheit und eine unendliche Menge an Liebe – Dinge, die dem kleinen Mädchen bisher gefehlt haben.
Die Ankunft von Asia wirbelt das Leben des Paares gehörig durcheinander. Sie müssen sich neuen Herausforderungen stellen und ihre Prioritäten neu ordnen. Doch die Freude und das Glück, das Asia in ihr Leben bringt, überwiegen alle Anstrengungen. Sie entdecken eine neue Seite an sich selbst und erfahren die tiefe Befriedigung, einem Kind ein Zuhause und eine Familie zu geben.
Die Suche nach der Mutter
Während Patty und Walter sich liebevoll um Asia kümmern, beginnt eine intensive Suche nach ihren leiblichen Eltern. Sie informieren die Behörden und versuchen, die Mutter des Kindes ausfindig zu machen. Die Ungewissheit über Asias Herkunft und ihre Zukunft lastet schwer auf ihnen. Sie wissen nicht, wie lange sie das Kind behalten dürfen und ob sie in der Lage sein werden, ihm ein stabiles und sicheres Zuhause zu bieten.
Die Suche nach der Mutter ist ein zentrales Element des Films. Sie ist nicht nur eine Suche nach der leiblichen Familie des Kindes, sondern auch eine Suche nach Identität, Zugehörigkeit und Wahrheit. Die Zuschauer werden Zeugen der emotionalen Zerrissenheit von Patty und Walter, die sich zwischen dem Wunsch, Asia zu behalten, und der Verpflichtung, ihr ein bestmögliches Leben zu ermöglichen, hin- und hergerissen fühlen.
Ein Blick auf das Leben am Rande der Gesellschaft
La Pivellina ist nicht nur die Geschichte eines kleinen Mädchens und seiner Findeltern, sondern auch ein einfühlsames Porträt des Lebens am Rande der Gesellschaft. Der Film zeigt das Leben in einem Wohnwagenpark, wo Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und mit unterschiedlichen Hintergründen zusammenleben. Es ist eine Welt der Armut, der Unsicherheit und der sozialen Ausgrenzung, aber auch eine Welt der Solidarität, der gegenseitigen Hilfe und der unkonventionellen Lebensweisen.
Covi und Frimmel zeigen die Bewohner des Wohnwagenparks mit Respekt und Würde. Sie verzichten auf Klischees und Stereotypen und präsentieren authentische und vielschichtige Charaktere. Die Zuschauer bekommen einen Einblick in ihre Lebensumstände, ihre Träume und ihre Ängste. Sie erleben, wie diese Menschen trotz ihrer Schwierigkeiten versuchen, ein würdevolles und erfülltes Leben zu führen.
Die Kraft der Menschlichkeit
Im Zentrum von La Pivellina steht die Frage nach der Menschlichkeit und der Fähigkeit, Liebe und Mitgefühl zu zeigen, auch wenn man selbst wenig hat. Patty und Walter sind keine perfekten Menschen, aber sie haben ein großes Herz. Sie zeigen Asia eine bedingungslose Liebe und geben ihr die Chance auf ein besseres Leben. Ihre Geschichte ist ein Beweis dafür, dass Menschlichkeit und Nächstenliebe keine Grenzen kennen und dass selbst kleine Gesten der Freundlichkeit einen großen Unterschied machen können.
Der Film erinnert uns daran, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner Herkunft oder seinem sozialen Status, das Recht auf ein würdevolles Leben hat. Er appelliert an unsere Verantwortung, uns um diejenigen zu kümmern, die am Rande der Gesellschaft leben und unsere Unterstützung benötigen. La Pivellina ist ein Aufruf zur Menschlichkeit und Solidarität.
Die Authentizität des Augenblicks
La Pivellina zeichnet sich durch seine Authentizität und seinen dokumentarischen Charakter aus. Covi und Frimmel arbeiteten mit Laiendarstellern, die größtenteils aus dem realen Umfeld des Wohnwagenparks stammen. Die Dialoge sind improvisiert und wirken natürlich und ungekünstelt. Die Kamera fängt die alltäglichen Momente des Lebens ein, die kleinen Gesten der Zuneigung und die stillen Augenblicke der Kontemplation.
Der Film verzichtet auf eine dramatische Inszenierung und eine übertriebene Emotionalität. Stattdessen setzt er auf eine subtile und zurückhaltende Erzählweise, die den Zuschauern Raum für eigene Interpretationen lässt. La Pivellina ist ein Film, der unter die Haut geht und noch lange nachwirkt.
Ein Loblied auf die Unschuld
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Darstellung der kleinen Asia. Die Regisseurinnen schaffen es, die Unschuld, die Neugier und die Lebensfreude des Kindes auf berührende Weise einzufangen. Asia ist ein Symbol für Hoffnung und Neubeginn. Durch ihre Augen sehen wir die Welt mit neuen Augen und entdecken die Schönheit im Einfachen.
Der Film vermeidet es, das Kind zu instrumentalisieren oder es als reines Opfer darzustellen. Asia ist ein aktiver Teil der Geschichte und gestaltet ihr Leben auf ihre eigene Weise. Sie ist ein lebendiges und authentisches Kind, das die Zuschauer im Sturm erobert.
Die Poesie des Alltags
La Pivellina ist ein Film, der die Poesie des Alltags entdeckt. Er zeigt die Schönheit und die Magie, die in den kleinen Dingen des Lebens verborgen liegen. Die Zuschauer werden eingeladen, die Welt um sie herum bewusster wahrzunehmen und die einfachen Freuden des Lebens zu schätzen.
Der Film ist ein Gegenentwurf zur Hektik und Oberflächlichkeit unserer modernen Gesellschaft. Er erinnert uns daran, dass wahres Glück nicht im materiellen Reichtum, sondern in der zwischenmenschlichen Beziehung und in der Wertschätzung des Augenblicks liegt.
Fazit: Ein Film, der berührt und inspiriert
La Pivellina ist ein Film, der berührt, bewegt und inspiriert. Er ist ein stilles Meisterwerk, das die Zuschauer dazu anregt, über die großen Fragen des Lebens nachzudenken. Es ist ein Film über Menschlichkeit, Hoffnung und die unendliche Kraft der Liebe. La Pivellina ist ein Film, den man gesehen haben muss.
Auszeichnungen (Auswahl)
- Preis der Ökumenischen Jury, Cannes Film Festival 2009
- Goldene Taube, DOK Leipzig 2009
- Diagonale-Preis, Bester Spielfilm 2010
Details zum Film
Titel | La Pivellina |
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Regie | Tizza Covi, Rainer Frimmel |
Drehbuch | Tizza Covi, Rainer Frimmel |
Erscheinungsjahr | 2009 |
Länge | 93 Minuten |
Land | Österreich, Italien |
Darsteller | Patty Esposito, Walter Saabel, Asia Crippa, Rosetta Giuliani |