Mapplethorpe: Ein Leben in Bildern, Kontroversen und Kunst
Robert Mapplethorpe. Der Name ruft Bilder hervor, Bilder von perfekter Komposition, von roher Sinnlichkeit und von tiefer Verletzlichkeit. Der Film „Mapplethorpe“ aus dem Jahr 2018, unter der Regie von Ondi Timoner, wagt sich an die Aufgabe, das Leben und die Kunst dieses komplexen und oft missverstandenen Künstlers zu erkunden. Es ist keine einfache Aufgabe, das Leben eines Mannes zu erfassen, der sich stets zwischen Konvention und Rebellion, zwischen Anerkennung und Ächtung bewegte. Doch Timoner gelingt es auf beeindruckende Weise, ein facettenreiches Porträt zu zeichnen, das sowohl die künstlerische Brillanz als auch die persönlichen Kämpfe Mapplethorpes beleuchtet.
Die Anfänge eines Künstlers in New York
Der Film beginnt in den späten 1960er Jahren, einer Zeit des Umbruchs und der kreativen Explosion in New York City. Wir sehen den jungen Robert, gespielt von Matt Smith, als einen suchenden Geist, der sich von seiner streng katholischen Erziehung befreit und nach einem Ausdruck für seine innere Welt sucht. Er experimentiert mit verschiedenen Kunstformen, von Collagen bis hin zu Skulpturen, immer auf der Suche nach dem perfekten Medium, um seine Vision zu verwirklichen.
Seine Beziehung zu Patti Smith, wunderbar verkörpert von Marianne Rendón, spielt eine zentrale Rolle in dieser frühen Phase. Ihre tiefe Freundschaft, ihre gegenseitige Unterstützung und ihre gemeinsame Leidenschaft für die Kunst bilden das Fundament für beider Karrieren. Sie leben in Armut, aber inmitten einer pulsierenden Künstlerszene, in der Kreativität und freier Ausdruck über alles geschätzt werden. Es ist eine Zeit des Aufbruchs, in der die Grenzen des Konventionellen immer wieder neu definiert werden.
Die Entdeckung der Fotografie
Die entscheidende Wendung in Mapplethorpes Leben kommt mit der Entdeckung der Fotografie. Er findet in ihr das perfekte Werkzeug, um seine Visionen zu materialisieren. Anfangs experimentiert er mit Polaroid-Kameras, fängt intime Momente ein und entwickelt seinen unverkennbaren Stil. Seine Fotos sind von einer klassischen Ästhetik geprägt, von perfekter Ausleuchtung und Komposition. Doch gleichzeitig sind sie auch provokativ, tabubrechend und von einer ungeschönten Ehrlichkeit geprägt.
Der Film zeigt, wie Mapplethorpe sich in die New Yorker Subkulturen eintaucht, wie er sich von der queeren Szene, von der BDSM-Szene und von der Welt der Körperkunst inspirieren lässt. Er fotografiert seine Freunde, seine Liebhaber und die Menschen, die ihn umgeben. Seine Bilder sind nicht nur Abbildungen der Realität, sondern auch Spiegel seiner eigenen inneren Welt, seiner Sehnsüchte, seiner Ängste und seiner Obsessionen.
Kontroversen und Anerkennung
Mapplethorpes Werk polarisiert. Seine expliziten Aktaufnahmen, insbesondere die von männlichen Akten und BDSM-Szenen, stoßen auf Ablehnung und Empörung. Er wird als Pornograf und als Provokateur beschimpft. Doch gleichzeitig findet er auch Anerkennung in der Kunstwelt. Seine Ausstellungen werden zu Publikumsmagneten, seine Bilder werden von Museen und Sammlern gekauft. Er wird zu einem der wichtigsten und einflussreichsten Fotografen seiner Zeit.
Der Film scheut sich nicht, die Kontroversen rund um Mapplethorpes Werk anzusprechen. Er zeigt die hitzigen Debatten, die in den Medien und in der Öffentlichkeit geführt werden. Er zeigt aber auch die tiefe Verletzung, die Mapplethorpe durch die Angriffe erleidet. Er ist ein Künstler, der sich mit seiner Kunst verletzlich macht, der sein Innerstes nach außen kehrt und der dafür oft bestraft wird.
Ein besonders eindrückliches Beispiel für die Kontroversen ist die Auseinandersetzung um seine Ausstellung „The Perfect Moment“ im Jahr 1989. Die Ausstellung, die nach seinem Tod stattfand, löste in den USA einen nationalen Skandal aus. Konservative Politiker und religiöse Gruppen forderten die Zensur der Ausstellung und die Streichung von Fördermitteln für die Kunst. Der Fall Mapplethorpe wurde zu einem Symbol für den Kulturkampf zwischen Freiheit und Zensur, zwischen Kunst und Moral.
Die Auseinandersetzung mit dem Tod
In den späten 1980er Jahren wird bei Mapplethorpe AIDS diagnostiziert. Die Diagnose verändert sein Leben und seine Kunst. Er beginnt, sich intensiv mit dem Thema Tod und Vergänglichkeit auseinanderzusetzen. Seine letzten Werke sind von einer tiefen Melancholie und einer spirituellen Suche geprägt. Er fotografiert Blumen, Landschaften und Porträts von Freunden, die ebenfalls an AIDS erkrankt sind.
Der Film zeigt, wie Mapplethorpe mit seiner Krankheit umgeht, wie er versucht, seine Kunst bis zum letzten Moment zu leben. Er arbeitet unermüdlich, als ob er wüsste, dass ihm nicht mehr viel Zeit bleibt. Er will ein Vermächtnis hinterlassen, ein Werk, das über seinen Tod hinaus Bestand hat.
Mapplethorpe stirbt im März 1989 im Alter von 42 Jahren. Sein Tod ist ein großer Verlust für die Kunstwelt. Doch sein Werk lebt weiter und inspiriert bis heute Künstler und Betrachter auf der ganzen Welt.
Die Darsteller und die Inszenierung
Matt Smith liefert eine beeindruckende Darstellung des Robert Mapplethorpe. Er verkörpert die Arroganz, die Verletzlichkeit und die künstlerische Genialität des Fotografen auf überzeugende Weise. Marianne Rendón überzeugt als Patti Smith, die mit ihrer Stärke und ihrer Sensibilität eine wichtige Stütze für Mapplethorpe ist. Die Nebenrollen sind ebenfalls hervorragend besetzt, und das Ensemble trägt dazu bei, die New Yorker Künstlerszene der 1970er und 1980er Jahre lebendig werden zu lassen.
Ondi Timoner hat einen sensiblen und respektvollen Film geschaffen, der Mapplethorpes Leben und Werk in all seinen Facetten beleuchtet. Sie vermeidet es, den Künstler zu idealisieren oder zu verteufeln. Stattdessen zeigt sie ihn als einen komplexen und widersprüchlichen Menschen, der sich mit seiner Kunst auf die Suche nach der Wahrheit begeben hat.
Fazit: Ein Film, der nachwirkt
„Mapplethorpe“ ist ein bewegender und inspirierender Film, der nicht nur das Leben eines außergewöhnlichen Künstlers porträtiert, sondern auch wichtige Fragen über Kunst, Moral und Freiheit aufwirft. Er ist ein Film, der zum Nachdenken anregt und der lange nach dem Abspann noch in Erinnerung bleibt.
Für alle, die sich für die Kunst und das Leben von Robert Mapplethorpe interessieren, ist dieser Film ein absolutes Muss. Aber auch für alle anderen, die sich für die großen Fragen des Lebens interessieren, ist „Mapplethorpe“ ein Film, der sich lohnt. Er ist ein Plädoyer für die Freiheit der Kunst, für die Toleranz gegenüber Andersartigkeit und für die Bedeutung des individuellen Ausdrucks.
Die wichtigsten Fakten zum Film
Kategorie | Details |
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Titel | Mapplethorpe |
Regie | Ondi Timoner |
Hauptdarsteller | Matt Smith, Marianne Rendón |
Erscheinungsjahr | 2018 |
Genre | Biografie, Drama |
Laufzeit | 102 Minuten |
Einige denkwürdige Zitate aus dem Film
- „Ich will etwas schaffen, das die Leute schockiert, aber auch fasziniert.“ – Robert Mapplethorpe
- „Kunst ist nicht dazu da, um nett zu sein. Kunst ist dazu da, um zu provozieren.“ – Patti Smith
- „Ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich habe Angst, vergessen zu werden.“ – Robert Mapplethorpe