Wie der Wind sich hebt: Eine Reise der Träume, der Liebe und des Verlusts
„Wie der Wind sich hebt“ (jap. 風立ちぬ, Kaze Tachinu) ist ein Anime-Meisterwerk aus dem renommierten Studio Ghibli, unter der Regie des legendären Hayao Miyazaki. Erschienen im Jahr 2013, erzählt der Film die fiktionalisierte Lebensgeschichte des japanischen Flugzeugingenieurs Jiro Horikoshi, der maßgeblich an der Entwicklung des Mitsubishi A6M Zero-Jagdflugzeugs beteiligt war. Doch „Wie der Wind sich hebt“ ist weit mehr als eine bloße Biografie. Es ist eine poetische und tiefgründige Auseinandersetzung mit Träumen, Ambitionen, Liebe, Verlust und der Frage nach der Verantwortung des Einzelnen in einer von Krieg und Umbruch geprägten Zeit.
Der Film ist ein visuelles Fest für die Sinne, mit den für Ghibli typischen detailreichen Animationen, die Landschaften, Architektur und die fließenden Bewegungen des Windes auf atemberaubende Weise zum Leben erwecken. Die sanfte Farbpalette und die melancholische Musik von Joe Hisaishi verstärken die emotionale Wirkung der Geschichte und tragen dazu bei, eine Atmosphäre der Nostalgie und Kontemplation zu schaffen.
Die Geschichte eines Träumers
Die Handlung beginnt in Jiros Kindheit, in der er von der Fliegerei träumt. Da er kurzsichtig ist und selbst kein Pilot werden kann, beschließt er, Flugzeugingenieur zu werden. Inspiriert von dem italienischen Flugzeugkonstrukteur Giovanni Battista Caproni, der ihm in seinen Träumen erscheint und ihn ermutigt, seine Leidenschaft zu verfolgen, widmet Jiro sein Leben der Entwicklung immer besserer und schönerer Flugzeuge.
Der Film begleitet Jiro auf seinem Weg von der Universität bis hin zu seiner Anstellung bei Mitsubishi, wo er an der Entwicklung neuer Flugzeugmodelle arbeitet. Dabei muss er sich mit technischen Herausforderungen, bürokratischen Hürden und den moralischen Implikationen seiner Arbeit auseinandersetzen. Denn die Flugzeuge, die er entwirft, werden im Krieg eingesetzt.
Neben seiner beruflichen Laufbahn erzählt „Wie der Wind sich hebt“ auch von Jiros Begegnung mit der jungen und an Tuberkulose erkrankten Nahoko Satomi. Zwischen den beiden entwickelt sich eine tiefe und innige Liebe, die jedoch von der Tragik ihrer Situation überschattet wird. Nahokos Gesundheitszustand verschlechtert sich zusehends, doch sie weigert sich, sich ihrem Schicksal zu ergeben und versucht, so viel Zeit wie möglich mit Jiro zu verbringen.
Figuren, die berühren
Die Charaktere in „Wie der Wind sich hebt“ sind komplex und vielschichtig gezeichnet. Sie sind keine strahlenden Helden, sondern Menschen mit Stärken und Schwächen, die in einer schwierigen Zeit versuchen, ihren eigenen Weg zu finden.
- Jiro Horikoshi: Der Protagonist des Films ist ein Idealist, der von seiner Leidenschaft für die Fliegerei getrieben wird. Er ist ein brillanter Ingenieur, der sich voll und ganz seiner Arbeit widmet. Gleichzeitig ist er aber auch naiv und blind für die politischen und moralischen Implikationen seiner Arbeit.
- Nahoko Satomi: Jiros große Liebe ist eine starke und lebensfrohe Frau, die trotz ihrer Krankheit versucht, jeden Moment zu genießen. Sie ist ein Quell der Inspiration für Jiro und ermutigt ihn, seine Träume zu verwirklichen.
- Giovanni Battista Caproni: Der italienische Flugzeugkonstrukteur ist Jiros Idol und Mentor. Er erscheint ihm in seinen Träumen und gibt ihm Ratschläge und Inspiration.
- Honjo: Jiros bester Freund und Kollege ist ein pragmatischer und realistischer Ingenieur, der Jiro immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholt.
Themen, die zum Nachdenken anregen
„Wie der Wind sich hebt“ behandelt eine Vielzahl von komplexen und relevanten Themen, die auch heute noch von Bedeutung sind.
Die Schönheit und die Gefahr der Träume
Der Film zeigt, wie wichtig es ist, Träume zu haben und sie zu verfolgen. Gleichzeitig warnt er aber auch vor der Gefahr, sich in seinen Träumen zu verlieren und die Realität auszublenden. Jiro ist so sehr von seiner Leidenschaft für die Fliegerei besessen, dass er die moralischen Implikationen seiner Arbeit lange Zeit ignoriert. Erst als er mit den Folgen des Krieges konfrontiert wird, beginnt er, seine eigenen Entscheidungen zu hinterfragen.
Liebe und Verlust
Die Liebesgeschichte zwischen Jiro und Nahoko ist von tiefer Emotionalität geprägt. Sie zeigt, wie Liebe in schwierigen Zeiten Trost und Hoffnung spenden kann. Gleichzeitig wird aber auch die Tragik des Verlustes thematisiert. Nahokos Krankheit und ihr bevorstehender Tod überschatten ihre Beziehung und machen deutlich, wie zerbrechlich das Glück sein kann.
Krieg und Verantwortung
„Wie der Wind sich hebt“ wirft die Frage nach der Verantwortung des Einzelnen in Kriegszeiten auf. Jiro ist ein brillanter Ingenieur, der seine Fähigkeiten in den Dienst des Krieges stellt. Er ist sich bewusst, dass seine Flugzeuge zum Töten eingesetzt werden, doch er versucht, dies zu verdrängen. Erst im Laufe der Geschichte beginnt er, seine eigene Rolle zu hinterfragen und sich mit den moralischen Konsequenzen seiner Arbeit auseinanderzusetzen.
Die Vergänglichkeit der Schönheit
Der Titel des Films, „Wie der Wind sich hebt“, ist ein Zitat aus Paul Valérys Gedicht „Le cimetière marin“ (Der Friedhof am Meer). Er spielt auf die Vergänglichkeit des Lebens und der Schönheit an. Wie der Wind, der kommt und geht, sind auch die Träume und die Liebe vergänglich. Der Film erinnert uns daran, jeden Moment zu genießen und das Schöne im Leben zu schätzen, solange es noch da ist.
Visuelle und auditive Meisterleistung
Die Animationen in „Wie der Wind sich hebt“ sind von atemberaubender Schönheit. Die Landschaften, die Architektur und die fließenden Bewegungen des Windes werden mit unglaublicher Detailtreue dargestellt. Die sanfte Farbpalette und die melancholische Musik von Joe Hisaishi verstärken die emotionale Wirkung der Geschichte und tragen dazu bei, eine Atmosphäre der Nostalgie und Kontemplation zu schaffen. Besonders hervorzuheben sind die Traumsequenzen, in denen Jiro mit Caproni interagiert. Diese Szenen sind visuell fantasievoll und voller Symbolik.
Kritik und Kontroverse
„Wie der Wind sich hebt“ wurde von Kritikern und Publikum gleichermaßen gelobt, aber auch kontrovers diskutiert. Einige Kritiker warfen Miyazaki vor, den japanischen Militarismus zu verharmlosen und Jiro Horikoshi als einen unkritischen Handlanger des Krieges darzustellen. Andere verteidigten den Film als eine sensible und nuancierte Auseinandersetzung mit den Ambivalenzen des menschlichen Handelns in schwierigen Zeiten.
Miyazaki selbst hat sich zu den Kontroversen geäußert und betont, dass er mit dem Film keine politische Aussage treffen wollte. Ihm ging es vielmehr darum, das Leben eines Mannes zu zeigen, der von seiner Leidenschaft getrieben wurde und sich den Herausforderungen seiner Zeit stellen musste.
Ein Vermächtnis
„Wie der Wind sich hebt“ ist ein Meisterwerk des Animationsfilms und ein würdiger Abschluss von Hayao Miyazakis Regiekarriere (obwohl er später doch noch einmal einen Film gemacht hat). Der Film ist eine poetische und tiefgründige Auseinandersetzung mit Träumen, Ambitionen, Liebe, Verlust und der Frage nach der Verantwortung des Einzelnen. Er regt zum Nachdenken an und berührt das Herz. „Wie der Wind sich hebt“ ist ein Film, den man immer wieder sehen kann und der jedes Mal neue Facetten offenbart.
Auszeichnungen (Auszug)
Auszeichnung | Kategorie | Ergebnis |
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Oscar | Bester animierter Spielfilm | Nominierung |
Golden Globe Award | Bester fremdsprachiger Film | Nominierung |
Japan Academy Prize | Animation des Jahres | Gewonnen |