Die Taschendiebin – Blu-ray Review | Koch Films | 08.08.2021

Die Taschendiebin – Blu-ray Review Film Artikelbild

Wir sind beim Durchstöbern unserer Filmregale auf „Die Taschendiebin“ gestoßen und haben für alle Interessierten das Review zum Film, der schon eine Weile im Handel erhältlich ist:

Während sich das südkoreanische Kino generell auch außerhalb des Landes großer Beliebtheit erfreut, darf Park Chan-wook ohne Übertreibung wohl als einer der populärsten Regisseure Südkoreas genannt werden. Das Spektrum seiner bereits dreißig Jahre lang andauernden Schaffensphase lässt sich kaum auf einen Nenner bringen und umfasst düstere und schonungslose Rachedramen wie „Oldboy“ – zweifellos Parks bekanntester Film –, eine surreal-verspielte Liebeskomödie mit ernstem Hintergrund, wie „I’m a Cyborg, But That’s Ok“ oder auch einen Ausflug in US-Thriller-Gefilde in der Form von „Stoker – Die Unschuld endet“. Mit seinem aktuellsten Spielfilm, der Quasi-Literaturverfilmung „Die Taschendiebin“ (der Film ist an den Roman „Fingersmith“ der britischen Autorin Sarah Waters angelehnt) aus dem Jahr 2016, liegt eine gewohnt bildgewaltig inszenierte Mischung aus Historien-, Liebes- und Erotikfilm vor, die es auf mehreren Ebenen in sich hat.

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Story:

In den 1930er Jahren, einer Zeit, in der sich Korea unter japanischer Besatzung befindet, führt ein Auftrag die Taschendiebin Sook-he auf das Anwesen der reichen Japanerin Hideko, die ihren ebenfalls dort lebenden Onkel Kouzuki heiraten soll. Als naives Dienstmädchen getarnt soll Sook-he ihrem Auftraggeber Fujiwara, der sich als wohlhabender Graf ausgibt, die Annäherung an Hideko ermöglichen. Dieser möchte sie selbst heiraten, um an ihr Vermögen zu gelangen. Sook-he und Hideko verlieben sich jedoch ineinander, was nicht nur Sook-he in einen Gewissenskonflikt zwischen ihrem Auftrag – verbunden mit der Aussicht auf reiche Entlohnung – und ihren Gefühlen treibt, sondern auch gefährliche Spannungen mit Fujiwara schürt.

Eindruck:

Das qualitative Spektrum bei Filmen ist bekanntermaßen sehr weit gefächert. Es gibt, in aller Einfachheit ausgedrückt, schwache, mittelmäßige, gute und sehr gute Filme. Und hin und wieder gibt es unter Letztgenannten dann auch solche, denen diese ganz besondere Filmmagie innewohnt. „Die Taschendiebin“ ist genau solch ein Film. Bereits die Optik versetzt den Zuschauer von Anfang bis Ende ins Staunen. Großartig und stilvoll in Szene gesetzt sind Landschafts- und Naturaufnahmen sowie das Anwesen, in dem ein großer Teil des Films spielt. Kulissen, Ausstattung, Kostüme – all dies ist opulent, perfekt ausgewählt und komponiert und unterliegt einer sagenhaften Ästhetik, die dem Film, auch wenn er insgesamt recht düster gehalten ist, bisweilen einen märchenhaften Flair verleiht. Nahezu jede Einstellung ist ein kleines Kunstwerk für sich, oftmals auch mit intelligenter Bildmetaphorik verbunden, welche die Handlung gekonnt unterstreicht. Das südkoreanische Kino im Allgemeinen lebt von einer besonderen Ästhetik, die sich auch im Schaffen Park Chan-wooks niederschlägt. Doch „Die Taschendiebin“ gehört zweifellos zu den schönsten Filmen, die man sich aus Südkorea (und nicht nur von dort) ansehen kann. Bei der durchaus selbstbewussten Länge von 145 Minuten ist schon alleine deshalb keine Sekunde überflüssig, weil man aufgrund seiner Schönheit gerne noch länger bei diesem Film verweilen würde.

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Seine trefflich gewählte äußere Form ist aber nicht das einzige, was „Die Taschendiebin“ auszeichnet und zu einem herausragenden Film macht. Die Geschichte selbst ist mitreißend und mit einem sich stetig steigernden Spannungsbogen erzählt. Der Film ist dabei in drei Episoden angelegt, die größtenteils chronologisch verlaufen. Hin und wieder verlässt er diese chronologische Erzählweise jedoch, zeigt Rückblenden und andere Perspektiven auf bereits gezeigte Geschehnisse, welche diese oft nochmals in einem anderen Licht als zunächst angenommen erscheinen lassen. Der Kern des Films und seiner Geschichte ist jedoch unbestreitbar die aufkeimende und sich fortentwickelnde Liebe zwischen den von Kim Tae-ri und Kim Min-hee herausragend stark gespielten Protagonistinnen Sook-hee und Hideko. Nur selten erlaubt es uns das Kino, mit einem Liebespaar derart stark mitzufiebern, wie es hier der Fall ist.

„Die Taschendiebin“ ist definitiv einer der besten und aussagekräftigsten Filme zum Thema Liebe, die man finden kann. Nicht nur zeigt der Film hier ein Paar, mit dem sich der Zuschauer wirklich verbunden fühlt, er bietet auch eine durchaus philosophisch angelegte Reflexion über das Thema Liebe. Gibt es Grenzen für die Liebe? Kann es inmitten eigennützig vorgespielter Liebesgefühle auch so etwas wie eine echte, reine Liebe zwischen zwei Menschen geben? Kann die Liebe schwere Enttäuschungen und Kränkungen überstehen? Und nicht zuletzt: Was ist stärker, die Liebe oder das Geld? Insbesondere dann, wenn Letzteres das Erstere zu korrumpieren sucht? All dies sind Fragen, mit denen sich der Film gekonnt und auf intelligente Art und Weise beschäftigt. Dabei trägt er niemals zu dick auf, hebt keinen tonnenschweren moralischen Zeigefinger, sondern präsentiert seine Antworten auf seine eigene, enorm wirkungsvolle Art.

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Wer Park Chan-wook und seine Filmographie zumindest auszugsweise kennt, weiß, dass es sich bei ihm nicht unbedingt um einen Regisseur der Zurückhaltung handelt. Obgleich „Die Taschendiebin“ insgesamt ein gutes Stück bodenständiger und geerdeter ist, als man das von anderen Filmen des Regisseurs kennt, ziert ihn doch unverkennbar dessen Handschrift. Mit der zentralen Liebesgeschichte des Films verbinden sich durchaus explizite Erotikszenen zwischen den beiden Protagonistinnen. Diese unterliegen in ihrer Inszenierung den gleichen ästhetisch hohen Ansprüchen, die der Film generell an sich stellt und strahlen eine ganze Menge aufrichtig gemeinte, ernst zu nehmende Erotik und Leidenschaft aus. Dadurch werden sie zu einem integralen, wichtigen Bestandteil des Films. Hiervon könnte sich die eine oder andere Produktion, die mit abstoßend, plump und peinlich inszeniertem Sex unbedingt zum Gesprächsthema werden möchte, eine sehr große Scheibe abschneiden.

Bild:

Das Bild der Blu-ray-Version ist vorbildlich scharf und detailliert. Es bietet satte und kraftvolle Farben und unterstreicht somit die von sich aus grandiosen Bildkompositionen des Films gekonnt. Lediglich der untere Bildrand ist bisweilen etwas unscharf und in manchen Einstellungen ist etwas viel Filmkorn zu sehen. Beides fällt aber allenfalls dann störend auf, wenn man ganz genau darauf achtet.

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Ton:

Der DTS-HD MA 5.1-Ton liegt in der Originalfassung und in der deutschen Synchronisation vor. Untertitel gibt es auf Deutsch. Aufgrund der Zweisprachigkeit der Originalfassung, in der Koreanisch und Japanisch gesprochen wird, ist diese hier unbedingt zu empfehlen, da sonst viel von der Atmosphäre des Films verloren ginge. Auch abseits davon leistet der Ton ganze Arbeit, ist er doch exzellent abgemischt. Nebengeräuschen wird angenehm viel Platz eingeräumt, sodass sie sehr direkt und unvermittelt klingen. Wenn es in einer Innenszene draußen regnet und die Regentropfen auf das Dach prasseln, hat man hier das Gefühl, direkt darunter zu stehen. So etwas erlebt man auch nicht bei jeder Blu-ray.

Extras:

  • Begrüßung
  • Regiekommentar
  • Making of
  • Cannes Premiere
  • Bildergalerie
  • Zwei Kinotrailer zum Film

Fazit:

Als erster südkoreanischer Film überhaupt (was angesichts der hohen Qualität, die auch schon zuvor aus dem Land kam, eigentlich schon wieder eine Schande ist) gelangte „Die Taschendiebin“ 2018 bei den British Academy Film Awards zu einer Nominierung, und zwar in der Kategorie „Bester fremdsprachiger Film“. Die Auszeichnung heimste er dann auch ein, und das vollkommen zu Recht. „Die Taschendiebin“ ist sagenhaft schön, kraftvoll und sinnlich, es ist ein Meisterwerk, das zeigt, was für ein berauschendes Erlebnis das Kino sein kann.

Hier erhältlich:

  • Die Taschendiebin (Blu-ray)
  • Die Taschendiebin Sammleredition (Blu-ray als Limited Collectors Edition)
  • Die Taschendiebin Special Edition (DVD)
  • Die Taschendiebin (DVD)

(Pascal Weber)
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Bewertungen: 4.7 / 5. 729

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