Life is Strange: Remastered Collection – Xbox Series X Review | Square Enix

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Anfang Februar kam „Life is Strange: Remastered Collection in den Handel und wir haben das Review für die xbox Series X dazu:

Das Jahr 2021 bot für Fans der „Life is Strange“-Reihe vom Publisher Square Enix gleich aus zwei Gründen einen Anlass zur Freude: Nicht nur wurde mit „Life is Strange: True Colors“ der dritte Hauptteil der anthologischen Reihe am 10. September veröffentlicht, sondern auch Remaster-Versionen der beliebten ersten Spiele angekündigt, „Life is Strange“ (2015) und dessen Prequel „Life is Strange: Before the Storm“ (2017). Am 01. Februar 2022 erschien die „Life is Strange: Remastered Collection“, welche beide genannten Teile beinhaltet und entweder separat oder als Bestandteil der Ultimate Edition von „Life is Strange: True Colors“ erhältlich ist. Ich habe sowohl „Life is Strange“ als auch „Life is Strange: Before the Storm“ erst im vergangenen Jahr in ihren ursprünglichen Versionen erstmals gespielt und sofort in mein Herz geschlossen, entsprechend avancierte die „Remastered Collection“ direkt bei ihrer Ankündigung zu einem Pflichttitel. Ich habe mich anhand der Xbox Series X-Version nun erneut auf die Reise durch diese beiden wunderbaren Spiele begeben und kann berichten, wie sie in neuem Licht aussehen und ob sich die Anschaffung der „Remastered Collection“ rentiert.

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Beginnen wir aber für eventuelle Neulinge ganz vorn vorne: Worum geht es hier eigentlich? In „Life is Strange“ schlüpft der Spieler in die Rolle der achtzehnjährigen Schülerin Maxine Caulfield, genannt Max. Vor fünf Jahren verließ sie ihre Heimat, die (fiktive) Kleinstadt Arcadia Bay, für einen Umzug mit ihrer Familie nach Seattle. Nun kehrt sie zurück, um an der renommierten Blackwell-Akademie zu einer professionellen Fotografin zu werden. Auf der Schultoilette wird Max Zeugin eines Streits zwischen einem Mitschüler und einer jungen Frau, der damit endet, dass Letztgenannte erschossen wird. Bei diesem Erlebnis stellt Max fest, dass sie die Zeit für ein paar Minuten zurückdrehen kann, und sie nutzt diese neu entdeckte Fähigkeit sogleich, um das Verbrechen zu vereiteln. Wenig später stellt sich heraus, dass es sich bei der jungen Frau, deren Tod sie rückgängig machte und verhinderte, um niemand anderen als Chloe Price handelt, ihre beste Freundin aus der Kinderzeit. Gemeinsam planen Max und Chloe, mit Hilfe von Max‘ Fähigkeit das rätselhafte Verschwinden der Blackwell-Schülerin Rachel Amber aufzuklären, eine Freundin Chloes. Neben der erschwerten Wiederannäherung an die mittlerweile distanzierte Chloe machen Max zudem rätselhafte Visionen eines Wirbelsturms zu schaffen, der Arcadia Bay zu zerstören droht…

„Life is Strange“ ist ein Spiel, dessen Schwerpunkt vielmehr auf der in fünf Episoden erzählten Story als auf dem eigentlichen Gameplay liegt. Dieses beschränkt sich im Wesentlichen auf das Erkunden kleiner Areale, das Führen von Dialogen mit Entscheidungsmöglichkeiten und das Lösen einfacher Rätsel, bei denen die Fähigkeit, die Zeit zurückzudrehen, oft zum Tragen kommt. Ansonsten folgt das Spiel ganz der Geschichte und fühlt sich bisweilen eher wie ein interaktiver Film an. Das muss man natürlich mögen, aber das Storytelling ist auch schlicht und ergreifend grandios. Wenn man nach den ersten Spielminuten durch einen Korridor der Blackwell-Akademie geht und dazu der melancholische Song „To All Of You“ von Syd Matters ertönt, ahnt man bereits, dass man ein ganz besonderes Spieleerlebnis vor sich hat. So stellt es sich dann auch heraus.

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Die Story, welche man je nachdem, wie viel Zeit man sich nimmt, in etwa zehn bis 12 Stunden abschließen kann, verdichtet sich zusehends und wie bei einer spannenden und fesselnden Serie möchte man Episode für Episode wissen, was als nächstes passieren wird. Das Setting um eine Hochschule und ihre Schüler bietet einen gewissen Teenager-Charme, doch ist die Geschichte sehr ernst und erwachsen und befasst sich gekonnt mit kritischen Themen wie Mobbing und seinen potenziell gravierenden Folgen oder auch sozialen Unterschieden. Hinzu kommt eine mysteriöse Komponente um Max‘ Fähigkeit, ihre Visionen und unerklärliche Naturphänomene, was alles miteinander in Zusammenhang zu stehen scheint. Die Frage, was hier dahintersteckt sowie natürlich der Fall um die offenbar entführte Rachel, den es aufzuklären gilt, motivieren stets zum Weiterspielen.

Es handelt sich darüber hinaus auch um eine sehr persönliche Geschichte über die Freundschaft zwischen den großartig geschriebenen Protagonistinnen Max und Chloe, zu der man im Laufe des Spiels immer mehr Hintergründe erfährt. Lediglich die Auflösung der Kriminalfalls ist eher ernüchternd und die letzte Episode ist durch die Aneinanderreihung vieler surrealer Einfälle bis zum wiederum packenden Ende doch etwas in die Länge gezogen. Angesichts der vielen unglaublich starken und unvergesslichen Momente im Vorfeld, von denen sich einige durchaus wie der sprichwörtliche Schlag in die Magengrube anfühlen, sieht man dem Spiel diese leichten Schönheitsfehler am Ende aber gerne nach.

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In all ihren erzählerischen Bereichen profitiert die Story des Spiels auch davon, dass sie sich durch eigene Entscheidungen beeinflussen lässt. Sie folgt zwar einem grob vorgezeichneten Handlungsverlauf, der am Ende der fünften und letzten Episode in eine stets gleiche, ultimative Entscheidung mündet, die dem Spieler einiges abverlangt. Viele Details auf dem Weg dorthin lassen sich jedoch mitformen, wobei die Auswirkungen teils gravierend sein können. An manchen Stellen führen die getroffenen Entscheidungen sogar zum Tod oder zum Weiterleben eines Charakters. Das ist immersiv und gibt dem Spieler das Gefühl, eine gewisse Verantwortung für das zu tragen, was um ihn herum geschieht. Ein Clou dabei ist, dass man zwar (fast) immer die Zeit zurückdrehen und eine soeben getroffene Entscheidung damit auch wieder revidieren kann. Die Auswirkung einer Entscheidung, egal welche gewählt wird, ist in den meisten Fällen allerdings nicht sofort absehbar, sondern kommt teilweise erst in der nächsten oder gar einer noch späteren Episode zum Tragen.

„Life is Strange: Before the Storm“ ist ein Prequel zu „Life is Strange“ und ein paar Jahre vor diesem angesiedelt. Hier schlüpft man nun in die Rolle von Chloe Price, welche schwer unter familiären Problemen, vor allem jedoch unter dem Umzug Max‘ nach Seattle leidet, von der sie seitdem kaum mehr etwas gehört hat. Das Spiel folgt dem gleichen Muster, welches der Story den Vorrang vor dem Gameplay einräumt, und funktioniert nach einem ganz ähnlichen Prinzip, nur, dass Chloe keine übersinnlichen Fähigkeiten wie das Zurückdrehen der Zeit besitzt. Einmal getroffene Entscheidungen, die auch hier eine große Rolle spielen und die Geschichte beeinflussen können, lassen sich also nicht noch einmal hinsichtlich möglicher Auswirkungen überdenken. Im Mittelpunkt der Geschichte steht die aufkommende Freundschaft zwischen Chloe und der in „Life is Strange“ dann gesuchten Rachel Amber, welche ähnlich ergreifend, fesselnd und schön ausgearbeitet ist ist wie das Verhältnis zwischen Max und Chloe im Hauptspiel und es schafft, echtes Interesse beim Spieler für die Hauptfiguren zu wecken.

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Insgesamt ist die Story von „Life is Strange: Before the Storm“ nicht ganz so hochtrabend wie die von „Life is Strange“ und hinterlässt nicht ganz dessen bleibenden Eindruck. Dennoch bietet sie ebenfalls einige herausragende Momente. Für sich alleine als Spiel genommen würde „Life is Strange: Before the Storm“ daher nicht ganz die Wirkung des Hauptspiels erzielen, es handelt sich ja aber auch um ein Prequel. Als dieses komplettiert es das Gesamtbild perfekt und verleiht „Life is Strange“ rückblickend betrachtet mehr Hintergrund und sogar noch mehr emotionalen Einschlag. Meiner Ansicht nach sollte man das Hauptspiel „Life is Strange“ daher unbedingt zuerst spielen, beide Spiele gehören aber zusammen und formen gemeinsam ein Story-Meisterwerk, das eine der besten, melancholischsten und zugleich auch schönsten Geschichten erzählt, die ich je in einem Videospiel erleben durfte.

Wie steht es nun um die Neuauflagen im Rahmen der „Remastered Collection“? Zunächst ist festzuhalten, dass weder „Life is Strange“ noch „Life is Strange: Before the Storm“ jemals grafische Wunderwerke waren. Beide Spiele waren bereits in ihrer ursprünglichen Version jeweils schön anzusehen, der Stil ist aber vielmehr comichaft als unbedingt realistisch. Man muss sich natürlich die Frage stellen, welche Erwartungen man an ein Remaster, auch und gerade im Unterschied zu einem Remake, entrichten kann. Die Spiele wurden hier natürlich nicht von Grund auf nochmal neu aufgelegt, sodass beide Titel auch in der „Remastered Collection“ freilich nicht wie große aktuelle Grafikbomben aussehen. Aber: Die Remaster-Versionen machen das, was eine Remaster-Version eben leisten soll, indem sie beide Spiele doch sichtlich aufhübschen. Während dies bei Texturen im Hintergrund weniger auffällt, hat sich insbesondere bei den Gesichtern und den Haaren der Charaktere merklich etwas getan.

Die Spiele bleiben ihrem grundlegenden Stil treu, doch sehen die Modelle nun um ein gutes Stück detaillierter aus. Die 4K-Auflösung kommt natürlich nicht in dem Umfang zum Tragen, wie dies bei einem grafisch wirklich aufwendigen Spiel der Fall ist, präsentiert die verbesserten Charaktermodelle aber doch etwas greifbarer und detaillierter. Das HDR verleiht dem Spielgeschehen, vor allem bei Außenumgebungen, eine schönere Beleuchtung. Zudem ging man bei der Neuauflage von „Life is Strange“ einige Probleme bei der Lippensynchronisation an, sodass gesprochener Text und Mundbewegung nicht mehr, wie dies in der ursprünglichen Fassung an ein paar Stellen vorkam, asynchron voneinander laufen. Kurz nach dem Release wurde ein technisches Problem bemängelt, wonach die Remaster-Version von „Life is Strange“ in der vierten Episode wohl regelmäßig abstürze, was das Weiterspielen unmöglich mache. Um diesen Fehler hat man sich in der Zwischenzeit aber offenbar gekümmert, bei mir war es nicht der Fall. Der einzige technische und durchaus etwas ärgerliche Makel, der mir unterkam, bestand darin, dass bei einer Cutscene in der fünften Episode kurz vor dem Ende der Ton plötzlich weg war. Hier sollte dringend nachgebessert werden.

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Wer bereits im Besitz der ursprünglichen Versionen von „Life is Strange“ und „Life is Strange: Before the Storm“ ist, kann letztlich nur für sich selbst entscheiden, ob die Anschaffung von „Life is Strange: Remastered Collection“ im Hinblick auf die enthaltenen Verbesserungen lohnenswert ist. Die Spiele sehen in der Neuauflage definitiv hübscher aus, ein komplett neues Erlebnis darf man aber nicht erwarten. Es besteht die Möglichkeit, sich die „Remastered Collection“ über den Kauf der Ultimate Edition von „Life is Strange: True Colors“ zu sichern, so wie ich es getan habe, als diese im Xbox Live-Store stark reduziert war. Auch ohne eine glückliche Fügung wie diese ist die separate Anschaffung der „Remastered Collection“ aber schon alleine deshalb empfehlenswert, weil man hier für knapp 40 Euro zwei volle Spiele erhält, die zusammen locker 20 bis 25 Stunden Beschäftigung liefern und erzählerisch definitiv zum besten gehören, was die Gaming-Welt so zu bieten hat.

Pro:

  • zwei herausragende Story-Spiele in einem Paket, inklusive der Bonus-Episode „Farewell“ zu „Life is Strange: Before the Storm“
  • entsprechend faires Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Entscheidungen mit teils ernsten, nicht absehbaren Konsequenzen
  • besondere und eigene Atmosphäre, die im Videospielsektor ihresgleichen sucht
  • grandios geschriebene Hauptcharaktere, größtenteils ebenfalls interessante Nebenfiguren mit Tiefe
  • sichtbare grafische Politur, vor allem bei Charaktermodellen in Nahaufnahme
  • Beseitigung technischer Mängel wie asynchrone Lippenbewegungen

Contra:

  • ein Quäntchen mehr an grafischer Optimierung wäre bestimmt noch machbar gewesen
  • mäßige Auflösung des Kriminalfalls, unnötig gestreckte letzte Episode („Life is Strange“)
  • Ton verschwindet in einer Zwischensequenz völlig („Life is Strange“)

 

Hier erhältlich:

  • Life is Strange: Remastered Collection (XBox)
  • Life is Strange: True Colors  (Xbox) Ultimate Edition

(Pascal Weber)
© Bilder und Trailer: Square Enix – Alle Rechte vorbehalten!

Bewertungen: 4.9 / 5. 478

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