Als wir träumten: Eine Hymne an die Jugend und den Aufbruch in den Wirren der Nachwendezeit
In den grauen und turbulenten Jahren nach dem Mauerfall, als sich Deutschland neu erfand und die Zukunft noch in den Sternen stand, entführt uns der Film „Als wir träumten“ in das Leipzig der 90er Jahre. Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Clemens Meyer, erzählt Regisseur Andreas Dresen eine Geschichte von Freundschaft, Rebellion und dem unbändigen Drang nach Freiheit. Es ist eine Geschichte von Jungen, die sich in einer Welt der Umbrüche und des Aufbruchs verlieren und doch versuchen, ihren eigenen Weg zu finden – koste es, was es wolle.
Die Suche nach Identität im Niemandsland der Nachwende
Die Protagonisten, Rico, Daniel, Mark und Paul, sind Teenager, die in einer Zeit des gesellschaftlichen Umbruchs aufwachsen. Die DDR ist Geschichte, die Zukunft ungewiss. Plötzlich eröffnen sich ungeahnte Möglichkeiten, doch gleichzeitig verschwinden alte Sicherheiten. In dieser neuen, unübersichtlichen Welt suchen die Jungen nach ihrem Platz, nach einer Identität. Sie träumen von einem besseren Leben, von Anerkennung und von einem Sinn, der über den tristen Alltag hinausgeht.
Gemeinsam stürzen sie sich in Abenteuer, probieren sich aus, brechen Regeln und ecken an. Sie gründen einen eigenen Club, einen Ort, an dem sie frei sein können, an dem ihre Träume Wirklichkeit werden. Doch die Realität holt sie immer wieder ein. Kriminalität, Drogen und Gewalt sind allgegenwärtig. Die Freundschaft der Jungen wird auf eine harte Probe gestellt, und sie müssen lernen, mit den Konsequenzen ihrer Entscheidungen zu leben.
Eine Freundschaft, die stärker ist als die Widrigkeiten des Lebens
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die tiefe Freundschaft zwischen Rico und seinen Freunden. Sie sind füreinander da, in guten wie in schlechten Zeiten. Sie teilen ihre Träume, ihre Ängste und ihre Hoffnungen. Ihre Freundschaft ist ein Anker in einer Welt, die sich ständig verändert. Sie gibt ihnen Halt und Kraft, um die Herausforderungen des Lebens zu meistern.
Doch die Freundschaft der Jungen wird auch immer wieder auf die Probe gestellt. Konflikte entstehen, Missverständnisse trüben die Stimmung, und die unterschiedlichen Lebenswege drohen, sie auseinanderzureißen. Dennoch halten sie zusammen, denn sie wissen, dass sie sich aufeinander verlassen können. Ihre Freundschaft ist ein Band, das stärker ist als die Widrigkeiten des Lebens.
Die Härte der Realität und die Zerbrechlichkeit der Träume
„Als wir träumten“ ist kein verklärender Jugendfilm. Er zeigt die Realität schonungslos und ungeschönt. Die Jungen stoßen an ihre Grenzen, machen Fehler und müssen mit den Konsequenzen leben. Sie erleben Gewalt, Drogen und Tod. Ihre Träume zerplatzen wie Seifenblasen. Doch trotz allem verlieren sie nicht ihren Lebensmut. Sie kämpfen weiter, suchen nach einem Ausweg und versuchen, das Beste aus ihrem Leben zu machen.
Der Film zeigt, wie schwierig es ist, in einer Welt der Ungleichheit und der Perspektivlosigkeit seinen eigenen Weg zu finden. Er thematisiert die Probleme der Nachwendezeit, die soziale Ungerechtigkeit und die fehlenden Zukunftsperspektiven für viele Jugendliche. Doch er zeigt auch die Stärke der Jugend, ihren unbändigen Willen und ihre Fähigkeit, sich immer wieder neu zu erfinden.
Die Besetzung: Authentizität und Intensität
Die jungen Schauspieler, allen voran Merlin Rose als Rico, verkörpern ihre Rollen mit einer beeindruckenden Authentizität und Intensität. Sie verleihen den Figuren Leben und machen ihre Emotionen für den Zuschauer spürbar. Die Chemie zwischen den Schauspielern stimmt, und man spürt, dass sie eine enge Bindung zueinander haben. Sie sind das Herzstück des Films und tragen maßgeblich zu seiner Glaubwürdigkeit bei.
Auch die Nebenrollen sind hervorragend besetzt. Pit Bukowski als Keule, ein zwielichtiger Geschäftsmann, und Ruby O. Fee als Sternchen, ein Mädchen aus gutem Hause, das sich zu Rico hingezogen fühlt, überzeugen mit ihrer schauspielerischen Leistung. Sie ergänzen die Geschichte um weitere Facetten und tragen dazu bei, ein vielschichtiges Bild der Nachwendezeit zu zeichnen.
Die Inszenierung: Authentisch und packend
Andreas Dresen inszeniert „Als wir träumten“ mit großer Authentizität und Sorgfalt. Er verzichtet auf Effekthascherei und konzentriert sich stattdessen auf die Geschichte und die Charaktere. Die Kameraführung ist ruhig und beobachtend, die Musik unaufdringlich und stimmungsvoll. Der Film wirkt dadurch sehr realistisch und packend.
Dresen gelingt es, die Atmosphäre der 90er Jahre authentisch einzufangen. Die grauen Fassaden, die heruntergekommenen Wohnungen, die trostlosen Straßen – all das vermittelt ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Perspektivlosigkeit. Doch gleichzeitig spürt man auch den Aufbruch, den Willen zur Veränderung und die Sehnsucht nach einem besseren Leben.
Die Musik: Ein Spiegel der Zeit
Die Musik spielt in „Als wir träumten“ eine wichtige Rolle. Sie ist ein Spiegel der Zeit und vermittelt die Stimmung der 90er Jahre. Bands wie Nirvana, Massive Attack und Die Fantastischen Vier prägten das Lebensgefühl einer ganzen Generation. Ihre Musik findet sich im Film wieder und unterstreicht die Emotionen der Protagonisten.
Die Musik ist aber nicht nur ein nostalgischer Rückblick auf die 90er Jahre, sondern auch ein Ausdruck des Aufbruchs, der Rebellion und der Suche nach Identität. Sie spiegelt die inneren Konflikte der Jungen wider und trägt dazu bei, ihre Geschichte noch intensiver zu erzählen.
Themen und Motive: Mehr als nur ein Jugendfilm
„Als wir träumten“ ist mehr als nur ein Jugendfilm. Er thematisiert wichtige gesellschaftliche Fragen und regt zum Nachdenken an. Es geht um die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens, um die Suche nach Identität, um Freundschaft, Liebe und Verrat. Aber auch um soziale Ungerechtigkeit, Perspektivlosigkeit und die Folgen des gesellschaftlichen Umbruchs.
Der Film zeigt, wie wichtig es ist, Träume zu haben und für seine Ziele zu kämpfen. Er macht aber auch deutlich, dass Träume zerplatzen können und dass man mit den Konsequenzen seiner Entscheidungen leben muss. Er ist ein Plädoyer für die Freundschaft, die Solidarität und den Zusammenhalt, aber auch eine Mahnung, sich nicht von falschen Versprechungen blenden zu lassen.
Fazit: Ein bewegendes und authentisches Zeitdokument
„Als wir träumten“ ist ein bewegendes und authentisches Zeitdokument, das die Zuschauer in die Wirren der Nachwendezeit entführt. Er erzählt eine Geschichte von Freundschaft, Rebellion und dem unbändigen Drang nach Freiheit. Die jungen Schauspieler überzeugen mit ihrer Authentizität und Intensität, die Inszenierung ist packend und realistisch, und die Musik spiegelt die Stimmung der 90er Jahre wider.
Der Film ist nicht nur ein nostalgischer Rückblick auf die Vergangenheit, sondern auch eine Auseinandersetzung mit wichtigen gesellschaftlichen Fragen. Er regt zum Nachdenken an und macht deutlich, wie wichtig es ist, Träume zu haben und für seine Ziele zu kämpfen. „Als wir träumten“ ist ein Film, der lange nachwirkt und den Zuschauer nicht unberührt lässt.
Auszeichnungen (Auswahl)
Auszeichnung | Kategorie | Jahr |
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Deutscher Filmpreis | Beste Regie | 2015 |
Deutscher Filmpreis | Bestes Drehbuch | 2015 |
Preis der deutschen Filmkritik | Bester Spielfilm | 2015 |
Internationale Filmfestspiele Berlin | Wettbewerbsteilnahme | 2015 |