Avanti, Avanti! – Eine bittersüße Komödie über Liebe, Verlust und das unerwartete Italien
Billy Wilders „Avanti, Avanti!“ aus dem Jahr 1972 ist weit mehr als nur eine Komödie. Es ist eine warmherzige, melancholische und zutiefst menschliche Geschichte über zwei Amerikaner, die unter ungewöhnlichen Umständen in Italien zusammenfinden. Der Film entfaltet eine einzigartige Magie, die den Zuschauer in seinen Bann zieht und lange nach dem Abspann nachwirkt.
Die Handlung: Eine Reise wider Willen
Wendell Armbruster Jr. (Jack Lemmon), ein gestresster und konservativer Geschäftsmann aus Baltimore, reist widerwillig nach Italien. Sein Vater, ein angesehener und wohlhabender Industrieller, ist bei einem Autounfall auf Ischia ums Leben gekommen. Dort angekommen, muss Wendell sich nicht nur mit den chaotischen italienischen Gepflogenheiten auseinandersetzen, sondern auch mit der Tatsache, dass sein Vater eine langjährige Affäre mit einer britischen Frau, Katherine Brown (Juliet Mills), hatte, die ebenfalls bei dem Unfall ums Leben kam.
Wendell, der eigentlich nur die Leiche seines Vaters identifizieren und so schnell wie möglich wieder abreisen will, gerät in einen Strudel von bürokratischen Hürden, kulturellen Missverständnissen und unerwarteten Gefühlen. Die italienische Polizei, das Krankenhauspersonal und vor allem der Hotelmanager Carlucci (Clive Revill) scheinen allesamt ihren eigenen Kopf zu haben und Wendell das Leben schwer zu machen.
Katherine Brown, die exzentrische und lebensfrohe Tochter der verstorbenen Geliebten seines Vaters, taucht ebenfalls auf Ischia auf, um die sterblichen Überreste ihrer Mutter zu überführen. Wendell und Katherine sind denkbar unterschiedlich, doch die gemeinsame Trauer und die ungewöhnlichen Umstände zwingen sie, zusammenzuarbeiten.
Was als widerwillige Zweckgemeinschaft beginnt, entwickelt sich langsam zu einer tiefen Verbundenheit. Wendell, der sein Leben lang von Pflicht und Konventionen bestimmt war, beginnt, die italienische Lebensart zu schätzen. Er lässt sich von der Schönheit der Insel, der Wärme der Menschen und der Spontaneität des Augenblicks verzaubern. Katherine, die ihren Kummer hinter einer Fassade aus Fröhlichkeit verbirgt, findet in Wendell einen verlässlichen Partner und einen unerwarteten Freund.
Die Charaktere: Gegensätze, die sich anziehen
Die Stärke von „Avanti, Avanti!“ liegt nicht nur in der humorvollen Inszenierung, sondern auch in der tiefgründigen Charakterzeichnung. Billy Wilder versteht es meisterhaft, komplexe Figuren zu erschaffen, die sowohl komisch als auch tragisch sind.
Wendell Armbruster Jr. (Jack Lemmon)
Wendell ist der Inbegriff des pflichtbewussten Amerikaners. Er ist getrieben von Arbeit, Ordnung und Effizienz. Der Tod seines Vaters wirft ihn völlig aus der Bahn. In Italien angekommen, ist er zunächst von den chaotischen Verhältnissen und der scheinbaren Ineffizienz der Italiener genervt. Doch im Laufe der Geschichte wandelt sich Wendell. Er lernt, loszulassen, zu genießen und die Schönheit des Lebens zu schätzen. Jack Lemmon liefert eine herausragende Performance, die sowohl komische als auch berührende Momente vereint.
Katherine Brown (Juliet Mills)
Katherine ist das genaue Gegenteil von Wendell. Sie ist lebensfroh, unkonventionell und voller Energie. Der Tod ihrer Mutter hat sie zwar tief getroffen, doch sie versucht, ihren Kummer mit Humor zu überspielen. Katherine ist eine freie Seele, die sich nicht von Konventionen einschränken lässt. Sie bringt Wendell dazu, aus seiner Komfortzone auszubrechen und das Leben in vollen Zügen zu genießen. Juliet Mills verkörpert Katherine mit einer wunderbaren Mischung aus Charme, Verletzlichkeit und Stärke.
Carlucci (Clive Revill)
Carlucci, der Hotelmanager, ist eine unvergessliche Nebenfigur. Er ist ein typischer Italiener, der das Leben mit Gelassenheit und Humor nimmt. Carlucci ist ein Meister der Improvisation und findet für jedes Problem eine Lösung – auch wenn diese manchmal etwas unorthodox ist. Clive Revill spielt Carlucci mit einer unglaublichen Spielfreude und sorgt für viele der komischsten Momente des Films.
Die Themen: Mehr als nur eine Komödie
„Avanti, Avanti!“ ist weit mehr als nur eine leichte Komödie. Der Film behandelt eine Vielzahl von tiefgründigen Themen, die den Zuschauer zum Nachdenken anregen.
Liebe und Verlust
Der Film erzählt von der Liebe in ihren verschiedenen Facetten. Es geht um die Liebe zwischen Eltern und Kindern, um die Liebe zwischen Mann und Frau, aber auch um die Liebe zum Leben selbst. Der Tod der beiden Liebenden wirft ein Schlaglicht auf die Vergänglichkeit des Lebens und die Bedeutung, jeden Moment zu genießen. Die entstehende Beziehung zwischen Wendell und Katherine zeigt, dass Liebe auch in den unerwartetsten Momenten und unter den ungewöhnlichsten Umständen entstehen kann.
Kulturelle Unterschiede
Der Film spielt auf humorvolle Weise mit den Klischees und Unterschieden zwischen Amerikanern und Italienern. Wendell, der typische Amerikaner, ist von der italienischen Lebensart zunächst schockiert, lernt aber im Laufe der Geschichte, sie zu schätzen. „Avanti, Avanti!“ zeigt, dass kulturelle Unterschiede nicht nur zu Missverständnissen führen, sondern auch eine Bereicherung sein können.
Befreiung und Selbstfindung
Wendell und Katherine befinden sich beide an einem Wendepunkt in ihrem Leben. Der Aufenthalt in Italien wird für sie zu einer Reise der Selbstfindung. Wendell befreit sich von den Erwartungen seines Vaters und lernt, seine eigenen Entscheidungen zu treffen. Katherine findet Trost und Heilung im Umgang mit dem Verlust ihrer Mutter. Beide Figuren entwickeln sich im Laufe der Geschichte weiter und finden zu einem neuen Verständnis von sich selbst und dem Leben.
Die Inszenierung: Billy Wilder in Höchstform
Billy Wilder, einer der größten Regisseure aller Zeiten, beweist mit „Avanti, Avanti!“ erneut sein meisterhaftes Können. Der Film ist perfekt inszeniert, vom Timing der Gags bis hin zur Wahl der Drehorte. Die Kamera fängt die Schönheit der italienischen Landschaft und die Atmosphäre der Insel Ischia auf wunderbare Weise ein.
Wilder versteht es, Komödie und Tragödie auf subtile Weise miteinander zu verbinden. Der Film ist voller humorvoller Momente, die den Zuschauer zum Lachen bringen, aber er scheut sich auch nicht, die dunkleren Seiten des Lebens anzusprechen. Diese Mischung aus Humor und Melancholie macht „Avanti, Avanti!“ zu einem unvergesslichen Filmerlebnis.
Die Musik: Ein Hauch von Italien
Die Musik von Carlo Rustichelli trägt maßgeblich zur Atmosphäre des Films bei. Der Soundtrack ist geprägt von italienischen Klängen und Melodien, die die Stimmung der einzelnen Szenen perfekt unterstreichen. Die Musik verstärkt die komischen Momente, betont aber auch die emotionalen und melancholischen Aspekte der Geschichte. Der Soundtrack ist ein wichtiger Bestandteil des Gesamtkunstwerks „Avanti, Avanti!“.
Die Drehorte: Ischia als Sehnsuchtsort
Die Insel Ischia, mit ihren malerischen Dörfern, den atemberaubenden Küstenlandschaften und dem türkisblauen Meer, ist mehr als nur ein Drehort. Sie ist ein Sehnsuchtsort, der die Atmosphäre des Films maßgeblich prägt. Die Schönheit der Insel und die entspannte Lebensart der Italiener tragen dazu bei, dass Wendell und Katherine sich von ihrem Alltag befreien und zu sich selbst finden können. Die Drehorte sind sorgfältig ausgewählt und tragen zur Authentizität des Films bei.
Fazit: Ein Meisterwerk, das berührt
„Avanti, Avanti!“ ist ein Meisterwerk des Komödienfachs, das aber weit über das Genre hinausgeht. Der Film ist eine warmherzige, melancholische und zutiefst menschliche Geschichte über Liebe, Verlust, kulturelle Unterschiede und die Suche nach dem Glück. Billy Wilder hat mit diesem Film ein zeitloses Meisterwerk geschaffen, das den Zuschauer zum Lachen, zum Weinen und zum Nachdenken anregt. Die herausragenden Leistungen von Jack Lemmon und Juliet Mills, die unvergessliche Inszenierung und die wunderschöne Musik machen „Avanti, Avanti!“ zu einem unvergesslichen Filmerlebnis, das man immer wieder gerne sieht.
Der Film ist ein Plädoyer für das Leben, für die Liebe und für die Akzeptanz des Unvorhersehbaren. Er erinnert uns daran, dass es wichtig ist, loszulassen, zu genießen und die Schönheit des Augenblicks zu schätzen. „Avanti, Avanti!“ ist ein Film, der berührt, inspiriert und lange nach dem Abspann nachwirkt.
Technische Daten:
Kategorie | Details |
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Originaltitel | Avanti! |
Erscheinungsjahr | 1972 |
Regie | Billy Wilder |
Drehbuch | Billy Wilder, I.A.L. Diamond |
Hauptdarsteller | Jack Lemmon, Juliet Mills, Clive Revill |
Genre | Komödie, Romanze |
Laufzeit | 144 Minuten |
Produktionsland | USA, Italien |
Auszeichnungen (Auswahl):
- Golden Globe Award: Bester Hauptdarsteller – Musical/Komödie (Jack Lemmon)