By the Sea: Eine Reise in die Tiefen einer Ehe
„By the Sea“, ein Film von Angelina Jolie Pitt aus dem Jahr 2015, ist mehr als nur ein Drama; es ist eine intime und schonungslose Auseinandersetzung mit den komplexen Schichten einer Ehe, die von Trauer und Entfremdung gezeichnet ist. In den malerischen 1970er Jahren angesiedelt, entführt uns der Film an die sonnenverwöhnte Küste Frankreichs, wo wir Zeugen des langsamen Verfalls einer Beziehung werden.
Die Geschichte: Ein Paar am Scheideweg
Roland (Brad Pitt) ist ein Schriftsteller in einer Schaffenskrise, der versucht, seinen nächsten Roman zu vollenden, während seine Frau Vanessa (Angelina Jolie Pitt) eine ehemalige Tänzerin ist, die in tiefer Depression versunken ist. Ihre einst leidenschaftliche Verbindung ist zu einer frostigen Distanz geworden, geprägt von unausgesprochenen Vorwürfen und dem Gewicht einer unerklärlichen Trauer. Sie reisen in ein ruhiges Küstenstädtchen, in der Hoffnung, ihre Beziehung neu zu entfachen, doch die malerische Umgebung kann die Risse in ihrer Ehe nur notdürftig kaschieren.
In ihrer Isolation beobachten Roland und Vanessa ein junges, frisch verheiratetes Paar, Léa (Mélanie Laurent) und François (Melvil Poupaud), das in das Zimmer nebenan einzieht. Fasziniert von ihrer unbeschwerten Liebe und ihrem ungetrübten Glück, beginnt Vanessa, die beiden zu beobachten, zuerst heimlich, dann immer offener. Diese Beobachtung wird für sie zu einer Art Ersatzleben, eine Möglichkeit, die Lebendigkeit und Leidenschaft zu spüren, die sie in ihrer eigenen Beziehung verloren hat. Roland hingegen versucht, seine Schreibblockade zu überwinden und findet Trost im Alkohol und in Gesprächen mit den Einheimischen, darunter dem Barbesitzer Michel (Niels Arestrup).
Durch das Voyeurismus-Spiel, das Vanessa beginnt, werden die verborgenen Konflikte und Verletzungen in ihrer Ehe nach und nach aufgedeckt. Die Beobachtung der unbeschwerten Liebe von Léa und François dient als schmerzhafte Erinnerung an das, was Vanessa und Roland verloren haben, und zwingt sie, sich mit ihrer Vergangenheit und den ungelösten Problemen auseinanderzusetzen, die sie auseinandergetrieben haben.
Die Charaktere: Gezeichnet von Schmerz und Verlust
- Vanessa: Eine ehemals gefeierte Tänzerin, die nun von Depressionen und dem Verlust eines Kindes geplagt ist. Sie ist eine komplexe und gebrochene Frau, die in ihrer Trauer gefangen ist und verzweifelt nach einem Ausweg sucht.
- Roland: Ein Schriftsteller, der mit einer Schreibblockade und dem Gefühl der Sinnlosigkeit kämpft. Er liebt Vanessa, aber er ist ratlos, wie er ihr helfen kann, und flüchtet sich in den Alkohol.
- Léa: Eine junge, lebensfrohe Frau, die frisch verheiratet ist und das Leben in vollen Zügen genießt. Sie repräsentiert die Unschuld und die Leidenschaft, die Vanessa und Roland verloren haben.
- François: Léas Ehemann, der sie aufrichtig liebt und versucht, ihr jeden Wunsch zu erfüllen. Er ist ein Gegenpol zu der düsteren Atmosphäre von Vanessa und Roland.
- Michel: Der Barbesitzer, der zu einem Vertrauten von Roland wird und ihm Ratschläge gibt. Er ist ein bodenständiger Mann, der die Höhen und Tiefen des Lebens kennt.
Die Themen: Trauer, Entfremdung und die Suche nach Heilung
„By the Sea“ ist ein Film, der tief in die menschliche Psyche eindringt und sich mit universellen Themen wie Trauer, Entfremdung, Kommunikation und der Suche nach Heilung auseinandersetzt. Der Film untersucht, wie ein traumatisches Ereignis eine Ehe zerstören und zwei Menschen emotional voneinander entfernen kann. Er zeigt auch, wie schwierig es sein kann, über den Verlust eines Kindes hinwegzukommen und wie dieser Schmerz das Leben eines Paares für immer verändern kann.
Ein zentrales Thema des Films ist die Unfähigkeit von Vanessa und Roland, miteinander zu kommunizieren. Sie sind beide in ihrer eigenen Trauer gefangen und können sich nicht öffnen, um ihre Gefühle zu teilen. Diese Sprachlosigkeit führt zu Missverständnissen, Vorwürfen und einer wachsenden Distanz zwischen ihnen. Erst durch die Konfrontation mit ihrer Vergangenheit und die Auseinandersetzung mit ihren tiefsten Ängsten können sie beginnen, die Brücke zueinander wieder aufzubauen.
Der Film beleuchtet auch die Rolle der Sexualität in einer Beziehung. Während Léa und François ihre Leidenschaft offen ausleben, ist die Intimität zwischen Vanessa und Roland fast vollständig verschwunden. Das Voyeurismus-Spiel, das Vanessa beginnt, ist ein verzweifelter Versuch, die verlorene Sinnlichkeit wiederzuerlangen und die Verbindung zu ihrem Mann neu zu entfachen.
Die Inszenierung: Eine Hommage an das europäische Kino
Angelina Jolie Pitt hat mit „By the Sea“ eine visuell beeindruckende Hommage an das europäische Kino der 1960er und 1970er Jahre geschaffen. Der Film ist von der Ästhetik von Regisseuren wie Michelangelo Antonioni und Ingmar Bergman inspiriert, die ebenfalls für ihre psychologischen Dramen und ihre Auseinandersetzung mit komplexen menschlichen Beziehungen bekannt sind.
Die Kameraarbeit von Christian Berger ist meisterhaft und fängt die Schönheit der französischen Küstenlandschaft auf eindringliche Weise ein. Die langen Einstellungen und die langsamen Kamerabewegungen verstärken die melancholische Atmosphäre des Films und geben dem Zuschauer Zeit, die Emotionen der Charaktere zu erfassen. Die Farbpalette ist gedämpft und zurückhaltend, was die düstere Stimmung des Films unterstreicht.
Auch das Kostümdesign von Ellen Mirojnick ist bemerkenswert. Die Kleidung von Vanessa spiegelt ihren emotionalen Zustand wider: Zu Beginn des Films trägt sie elegante, aber distanzierte Kleider, die ihre innere Leere und ihre Sehnsucht nach etwas mehr verdeutlichen. Im Laufe der Geschichte wird ihre Kleidung lässiger und farbenfroher, was ihre allmähliche Wiederentdeckung von Lebensfreude und Hoffnung symbolisiert.
Die Musik: Ein Spiegel der Emotionen
Die Musik von Gabriel Yared ist ein wesentlicher Bestandteil der emotionalen Wirkung des Films. Der Soundtrack ist geprägt von melancholischen Klavierstücken und Streicherarrangements, die die innere Zerrissenheit der Charaktere widerspiegeln. Die Musik verstärkt die emotionalen Momente des Films und trägt dazu bei, eine Atmosphäre der Sehnsucht und des Verlustes zu erzeugen.
Die Kritik: Ein polarisierendes Werk
„By the Sea“ wurde von der Kritik gemischt aufgenommen. Einige Kritiker lobten den Film für seine visuelle Schönheit, seine tiefgründige Auseinandersetzung mit menschlichen Beziehungen und die mutige Darstellung von Trauer und Entfremdung. Andere kritisierten den Film für sein langsames Tempo, seine Dialoglastigkeit und seine vermeintliche Prätention.
Trotz der geteilten Meinungen bleibt „By the Sea“ ein Film, der zum Nachdenken anregt und eine intensive Auseinandersetzung mit den komplexen Facetten einer Ehe bietet. Er ist ein Film für Zuschauer, die sich auf eine anspruchsvolle und emotionale Reise einlassen wollen und bereit sind, sich mit den dunklen Seiten der menschlichen Natur auseinanderzusetzen.
Fazit: Ein Film, der lange nachwirkt
„By the Sea“ ist kein Film für ein leichtes Publikum. Er ist ein anspruchsvolles und emotionales Werk, das den Zuschauer herausfordert, sich mit den eigenen Ängsten und Verletzungen auseinanderzusetzen. Trotz seiner düsteren Thematik ist der Film auch eine Botschaft der Hoffnung. Er zeigt, dass es möglich ist, auch nach einem schweren Verlust wieder zueinanderzufinden und die Liebe neu zu entdecken.
Der Film ist ein Zeugnis für die schauspielerischen Leistungen von Angelina Jolie Pitt und Brad Pitt, die beide eine beeindruckende Intensität und Verletzlichkeit zeigen. Ihre Chemie auf der Leinwand ist spürbar und verleiht dem Film eine zusätzliche Ebene der Glaubwürdigkeit.
„By the Sea“ ist ein Film, der lange nachwirkt und den Zuschauer dazu anregt, über die eigene Beziehung und die Bedeutung von Kommunikation und Vergebung nachzudenken. Er ist ein Film, der Mut macht, sich den Herausforderungen des Lebens zu stellen und die Hoffnung auf eine bessere Zukunft niemals aufzugeben.
Details zum Film:
Kategorie | Information |
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Regie | Angelina Jolie Pitt |
Drehbuch | Angelina Jolie Pitt |
Hauptdarsteller | Angelina Jolie Pitt, Brad Pitt, Mélanie Laurent, Melvil Poupaud, Niels Arestrup |
Musik | Gabriel Yared |
Kamera | Christian Berger |
Erscheinungsjahr | 2015 |
Länge | 122 Minuten |
Genre | Drama, Romanze |
FSK | ab 12 Jahren |