Das Attentat – Ein Film, der unter die Haut geht
„Das Attentat“ (Originaltitel: „The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford“) ist ein Western-Drama aus dem Jahr 2007, das unter der Regie von Andrew Dominik entstand. Der Film erzählt die Geschichte der letzten Monate im Leben des legendären Outlaws Jesse James und seiner Beziehung zu Robert Ford, einem jungen Mann, der von James‘ Ruhm besessen ist und schließlich zu seinem Mörder wird. Was den Film so besonders macht, ist nicht nur die packende Handlung, sondern auch die Art und Weise, wie er erzählt wird: langsam, melancholisch und mit einem tiefenpsychologischen Blick auf die Charaktere.
Der Film ist keine klassische Heldengeschichte oder ein actiongeladener Western. Vielmehr ist er eine Studie über Ruhm, Besessenheit, Verrat und die dunklen Seiten der menschlichen Natur. Er hinterfragt die Legendenbildung um historische Figuren und zeigt die brüchige Realität hinter den Mythen.
Die Handlung: Ein Tanz zwischen Bewunderung und Verrat
Wir befinden uns im Missouri des Jahres 1881. Jesse James, gespielt von Brad Pitt, ist eine lebende Legende. Doch die Zeiten des Wilden Westens neigen sich dem Ende zu. Seine Bande ist dezimiert, und er spürt, dass die Behörden ihm immer näher auf den Fersen sind. In dieser Phase tritt Robert Ford, verkörpert von Casey Affleck, in sein Leben. Ford ist ein junger, unsicherer Mann, der Jesse James seit seiner Kindheit verehrt. Er träumt davon, selbst ein berühmter Outlaw zu werden und sieht in Jesse James sein großes Vorbild.
Jesse James nimmt Robert Ford in seine Bande auf, doch zwischen den beiden Männern entwickelt sich eine komplizierte Beziehung. Jesse ist misstrauisch und unberechenbar, während Robert von Bewunderung und Eifersucht gleichermaßen getrieben wird. Er versucht, Jesse zu gefallen und seine Anerkennung zu gewinnen, doch er merkt schnell, dass er niemals so sein kann wie sein Idol. Seine Unsicherheit und sein Drang nach Anerkennung machen ihn zu einem leichten Opfer für die Versuchungen des Verrats.
Die Behörden bieten Robert Ford und seinem Bruder Charley einen Deal an: Wenn sie Jesse James töten, werden sie begnadigt und erhalten eine Belohnung. Robert, der von dem Wunsch nach Ruhm und dem Angebot der Behörden korrumpiert wird, beschließt, Jesse zu verraten. In einem Akt der Feigheit erschießt er Jesse James in dessen eigenem Haus und wird so zum „Coward Robert Ford“, dem Feigling Robert Ford.
Die Charaktere: Psychogramme am Rande des Abgrunds
Die Stärke von „Das Attentat“ liegt vor allem in der detaillierten Charakterzeichnung. Die Figuren sind vielschichtig und ambivalent, und ihre Handlungen sind oft von inneren Konflikten und Widersprüchen geprägt.
- Jesse James (Brad Pitt): Pitt porträtiert Jesse James nicht als strahlenden Helden, sondern als einen gebrochenen Mann, der von seiner Vergangenheit gequält wird. Er ist charismatisch und gefährlich zugleich, und er spürt, dass seine Zeit abläuft. Er versucht, seine Familie zu beschützen, aber er kann seiner gewalttätigen Natur nicht entkommen.
- Robert Ford (Casey Affleck): Affleck liefert eine herausragende Leistung als Robert Ford. Er verkörpert die Unsicherheit, die Besessenheit und die innere Zerrissenheit des jungen Mannes auf beklemmende Weise. Ford ist kein Schurke im klassischen Sinne, sondern ein Opfer seiner eigenen Komplexe und seines unstillbaren Durstes nach Anerkennung.
- Charley Ford (Sam Rockwell): Der ältere Bruder von Robert Ford ist ein loyaler Anhänger von Jesse James, aber er ist auch schwach und beeinflussbar. Er wird von Robert manipuliert und in den Verrat hineingezogen.
Die Inszenierung: Langsam, melancholisch, poetisch
Andrew Dominik inszeniert „Das Attentat“ als ein visuelles Meisterwerk. Die Bilder sind von einer außergewöhnlichen Schönheit und Poesie, und sie tragen maßgeblich zur melancholischen Atmosphäre des Films bei. Die Kamera fängt die Weite der Landschaft ein, aber auch die Intimität der Charaktere. Die langsamen Einstellungen und die langen Kamerafahrten geben dem Zuschauer Zeit, die Atmosphäre zu genießen und in die Welt des Films einzutauchen.
Auch der Soundtrack von Nick Cave und Warren Ellis ist ein wichtiger Bestandteil des Films. Die melancholischen Klänge unterstreichen die Stimmung der Geschichte und verstärken die emotionalen Auswirkungen auf den Zuschauer.
Historische Genauigkeit vs. Künstlerische Freiheit
„Das Attentat“ nimmt sich einige künstlerische Freiheiten in der Darstellung der historischen Ereignisse. Der Film basiert lose auf dem gleichnamigen Roman von Ron Hansen, der wiederum auf historischen Fakten und Legenden beruht. Es ist wichtig zu beachten, dass der Film keine reine Dokumentation ist, sondern eine Interpretation der Geschichte. Die Filmemacher konzentrieren sich weniger auf die Fakten als vielmehr auf die psychologischen Hintergründe der Charaktere und die emotionalen Auswirkungen der Ereignisse.
So wird beispielsweise die Beziehung zwischen Jesse James und Robert Ford im Film intensiver und komplexer dargestellt, als es möglicherweise in der Realität der Fall war. Auch die Motive von Robert Ford für den Verrat werden im Film stärker beleuchtet. Trotz dieser künstlerischen Freiheiten gelingt es dem Film, ein authentisches Bild der Zeit und der Atmosphäre des Wilden Westens zu vermitteln.
Die Themen: Ruhm, Besessenheit, Verrat, Vergänglichkeit
„Das Attentat“ ist ein Film, der viele wichtige Themen anspricht, die auch heute noch relevant sind.
- Ruhm und Legendenbildung: Der Film hinterfragt die Legendenbildung um historische Figuren und zeigt die dunklen Seiten des Ruhms. Jesse James wird im Film nicht als strahlender Held dargestellt, sondern als ein Mensch mit Fehlern und Schwächen.
- Besessenheit und Bewunderung: Robert Ford ist von Jesse James besessen und träumt davon, selbst ein berühmter Outlaw zu werden. Seine Besessenheit führt ihn jedoch in die Irre und macht ihn zum Verräter.
- Verrat und Schuld: Der Verrat von Robert Ford an Jesse James ist der zentrale Konflikt des Films. Der Film zeigt die psychologischen Auswirkungen des Verrats auf alle Beteiligten.
- Vergänglichkeit und Tod: Der Film ist von einer melancholischen Stimmung der Vergänglichkeit geprägt. Er zeigt, dass auch die größten Legenden eines Tages sterben und in Vergessenheit geraten.
Kritik und Auszeichnungen
„Das Attentat“ wurde von Kritikern überwiegend positiv aufgenommen. Gelobt wurden vor allem die Regie von Andrew Dominik, die Schauspielleistungen von Brad Pitt und Casey Affleck, die Kameraarbeit und der Soundtrack. Viele Kritiker bezeichneten den Film als ein Meisterwerk des modernen Westerns.
Der Film erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Nominierungen, darunter:
Auszeichnung | Kategorie |
---|---|
Oscar-Nominierung | Bester Nebendarsteller (Casey Affleck) |
Golden Globe-Nominierung | Bester Nebendarsteller (Casey Affleck) |
Venedig Film Festival | Coppa Volpi für den besten Darsteller (Brad Pitt) |
Fazit: Ein Film, der lange nachwirkt
„Das Attentat“ ist ein außergewöhnlicher Film, der unter die Haut geht. Er ist keine leichte Unterhaltung, sondern ein anspruchsvolles Drama, das zum Nachdenken anregt. Der Film ist visuell beeindruckend, die schauspielerischen Leistungen sind herausragend, und die Geschichte ist tiefgründig und emotional. Wenn Sie auf der Suche nach einem Film sind, der Sie berührt und lange nachwirkt, dann ist „Das Attentat“ genau das Richtige für Sie.
Der Film ist ein Plädoyer dafür, die Legenden zu hinterfragen und die menschliche Seite hinter den Mythen zu erkennen. Er zeigt, dass Ruhm vergänglich ist und dass die wahren Werte im Leben woanders liegen.