Die Wohnung

Die Wohnung: Ein Spiegelbild der Einsamkeit und Hoffnung im New York der 60er

Billy Wilders „Die Wohnung“ (Originaltitel: „The Apartment“), ein Meisterwerk aus dem Jahr 1960, ist weit mehr als nur eine romantische Komödie. Der Film, der mit fünf Oscars ausgezeichnet wurde, darunter „Bester Film“ und „Beste Regie“, entführt uns in das New York der frühen 60er Jahre und erzählt eine zutiefst berührende Geschichte über Einsamkeit, Moral, Opportunismus und die Suche nach echter menschlicher Verbindung. Mit seinem scharfen Witz, den nuancierten Charakterzeichnungen und der melancholischen Atmosphäre berührt „Die Wohnung“ noch heute die Herzen der Zuschauer und regt zum Nachdenken an.

Die Geschichte: Ein Aufstieg mit bitterem Beigeschmack

C.C. „Bud“ Baxter (Jack Lemmon) ist ein unscheinbarer Büroangestellter in einer riesigen Versicherungsgesellschaft in Manhattan. Um seine Karriereleiter schneller zu erklimmen, lässt er sich auf einen riskanten Deal ein: Er stellt seine Wohnung hochrangigen Managern als diskreten Ort für außereheliche Affären zur Verfügung. Im Gegenzug wird er von seinen Vorgesetzten bevorzugt behandelt und erhält Beförderungen. Bud genießt zunächst die Vorteile dieses Arrangements, doch bald merkt er, dass der Preis für seinen Erfolg hoch ist. Seine Wohnung wird zum Schauplatz von Lügen, Intrigen und gebrochenen Herzen, und Bud fühlt sich zunehmend schuldig und isoliert.

Die Situation spitzt sich zu, als Bud sich in Fran Kubelik (Shirley MacLaine) verliebt, die Fahrstuhlführerin in seinem Büro. Fran ist die Geliebte von Buds Chef, Jeff D. Sheldrake (Fred MacMurray), der sie skrupellos ausnutzt und ihr falsche Versprechungen macht. Bud wird Zeuge von Frans Leid und erkennt, dass er selbst Teil dieses zynischen Spiels ist. Er muss sich entscheiden: Will er weiterhin seinen Karriereweg verfolgen und seine moralischen Werte verraten, oder will er den Mut finden, für das einzustehen, was richtig ist, und um Frans Liebe kämpfen?

Die Charaktere: Gefangen in den Zwängen der Gesellschaft

Wilder zeichnet in „Die Wohnung“ ein vielschichtiges Bild von Menschen, die in den Zwängen der modernen Gesellschaft gefangen sind und nach Glück und Anerkennung suchen. Die Charaktere sind allesamt facettenreich und ambivalent, wodurch sie umso glaubwürdiger und berührender wirken.

• C.C. „Bud“ Baxter (Jack Lemmon): Bud ist ein liebenswerter, aber auch naiver und unsicherer Mann. Er sehnt sich nach Anerkennung und Zuneigung, ist aber zu Beginn des Films bereit, seine moralischen Prinzipien zu opfern, um seine Karriere voranzutreiben. Im Laufe der Geschichte entwickelt er jedoch ein wachsendes Bewusstsein für seine Fehler und findet den Mut, sich gegen das System zu stellen. Jack Lemmon liefert in „Die Wohnung“ eine seiner besten Leistungen ab und verkörpert Bud mit großer Sensibilität und Verletzlichkeit.
• Fran Kubelik (Shirley MacLaine): Fran ist eine sensible und lebenslustige Frau, die von Sheldrake ausgenutzt und emotional missbraucht wird. Sie träumt von einer echten Beziehung und einer besseren Zukunft, ist aber gefangen in einem Netz aus Lügen und Abhängigkeiten. Shirley MacLaine verleiht Fran eine Mischung aus Stärke und Zerbrechlichkeit, die den Zuschauer sofort mit ihr mitfühlen lässt.
• Jeff D. Sheldrake (Fred MacMurray): Sheldrake ist ein skrupelloser und egoistischer Mann, der seine Machtposition ausnutzt, um seine eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Er ist das Sinnbild des zynischen und karriereorientierten Managers, dem das Wohl anderer Menschen gleichgültig ist. Fred MacMurray spielt Sheldrake mit einer kalten und berechnenden Aura, die ihn zu einem perfekten Antagonisten macht.
• Dr. Dreyfuss (Jack Kruschen): Dr. Dreyfuss ist Buds Nachbar und ein freundlicher, bodenständiger Arzt. Er dient als moralischer Kompass für Bud und gibt ihm wertvolle Ratschläge. Dr. Dreyfuss verkörpert die Werte von Ehrlichkeit, Mitgefühl und Menschlichkeit, die in der Welt der Versicherungsgesellschaft oft verloren gehen.

Themen und Motive: Einsamkeit, Moral und die Suche nach Glück

„Die Wohnung“ ist reich an Themen und Motiven, die den Film zu einem zeitlosen Meisterwerk machen. Zu den wichtigsten gehören:

• Einsamkeit: Der Film zeigt die Einsamkeit und Entfremdung, die viele Menschen in der modernen Großstadt erleben. Bud und Fran sind beide einsame Seelen, die sich nach menschlicher Verbindung sehnen. Ihre Einsamkeit wird durch die anonyme und unpersönliche Atmosphäre des Bürogebäudes und der Apartmenthäuser noch verstärkt.
• Moral: „Die Wohnung“ stellt die Frage nach der Moral in einer Gesellschaft, die von Karriereorientierung und Opportunismus geprägt ist. Bud muss sich entscheiden, ob er seine moralischen Prinzipien opfern will, um seine Karriere voranzutreiben, oder ob er für das einstehen will, was richtig ist. Der Film zeigt, dass es oft schwierig ist, den richtigen Weg zu finden, und dass moralische Entscheidungen Konsequenzen haben.
• Die Suche nach Glück: Bud und Fran suchen beide nach Glück und Erfüllung im Leben. Sie erkennen jedoch, dass wahres Glück nicht durch materielle Güter oder beruflichen Erfolg gefunden werden kann, sondern nur durch echte menschliche Beziehungen und die Verwirklichung der eigenen Werte.
• Opportunismus: Der Film kritisiert den Opportunismus und die Skrupellosigkeit, die in der Geschäftswelt herrschen. Die Manager der Versicherungsgesellschaft sind bereit, alles zu tun, um ihre Karriere voranzutreiben, auch wenn das bedeutet, andere Menschen auszunutzen und zu betrügen.
• Klassengesellschaft: „Die Wohnung“ thematisiert die soziale Ungleichheit und die Hierarchien in der Gesellschaft. Bud, als einfacher Büroangestellter, steht am unteren Ende der sozialen Leiter, während die Manager der Versicherungsgesellschaft die Spitze bilden. Der Film zeigt, wie die soziale Schichtzugehörigkeit das Leben der Menschen beeinflusst und ihre Möglichkeiten einschränkt.

Die Inszenierung: Ein Spiegelbild der emotionalen Zustände

Billy Wilder setzt in „Die Wohnung“ eine Reihe von filmischen Mitteln ein, um die emotionale Wirkung der Geschichte zu verstärken. Die Inszenierung ist geprägt von:

• Kameraarbeit: Die Kameraführung ist oft subjektiv und vermittelt die Perspektive von Bud. Close-ups werden eingesetzt, um die Emotionen der Charaktere einzufangen, während Totalen die Einsamkeit und Isolation von Bud und Fran betonen.
• Schnitt: Der Schnitt ist präzise und dynamisch und trägt dazu bei, die Spannung und den Rhythmus der Geschichte zu erzeugen.
• Musik: Die Filmmusik von Adolph Deutsch ist melancholisch und unterstreicht die emotionale Atmosphäre des Films.
• Setdesign: Das Setdesign ist realistisch und detailliert und trägt dazu bei, die Atmosphäre des New York der 60er Jahre authentisch wiederzugeben. Buds Wohnung ist klein und unpersönlich, was seine Einsamkeit und Isolation widerspiegelt. Das Bürogebäude ist riesig und anonym, was die Entfremdung der Mitarbeiter betont.

Die Bedeutung des Titels: Mehr als nur ein Ort

Der Titel „Die Wohnung“ ist vieldeutig und symbolträchtig. Er bezieht sich nicht nur auf den Ort, an dem die Geschichte spielt, sondern auch auf den Zustand der Isolation und Entfremdung, in dem sich die Charaktere befinden. Die Wohnung wird zum Symbol für Buds Kompromisse, für die Ausbeutung und für die verlorene Unschuld. Sie ist ein Ort, an dem Lügen und Intrigen gedeihen, aber auch ein Ort, an dem Hoffnung und Liebe entstehen können.

Ein Klassiker mit zeitloser Relevanz

„Die Wohnung“ ist ein Film, der auch nach über 60 Jahren nichts von seiner Relevanz verloren hat. Die Themen Einsamkeit, Moral und die Suche nach Glück sind universell und zeitlos. Der Film regt zum Nachdenken über die Werte unserer Gesellschaft an und erinnert uns daran, dass wahres Glück nicht durch materiellen Besitz oder beruflichen Erfolg gefunden werden kann, sondern nur durch echte menschliche Beziehungen und die Verwirklichung der eigenen Werte.

Auszeichnungen: Ein Film schreibt Geschichte

Die Wohnung räumte bei der Oscarverleihung 1961 ab und gewann in den folgenden Kategorien:

Kategorie	Gewinner
Bester Film	Billy Wilder
Beste Regie	Billy Wilder
Bestes Originaldrehbuch	Billy Wilder, I.A.L. Diamond
Bester Schnitt	Daniel Mandell
Bestes Szenenbild (Schwarzweiß)	Alexandre Trauner, Edward G. Boyle

Darüber hinaus erhielt der Film zahlreiche weitere Auszeichnungen und Nominierungen, was seine herausragende Qualität und seinen Einfluss auf die Filmgeschichte unterstreicht.

Fazit: Ein Film, der berührt und bewegt

„Die Wohnung“ ist ein Meisterwerk des Kinos, das mit seinem scharfen Witz, den nuancierten Charakterzeichnungen und der melancholischen Atmosphäre die Herzen der Zuschauer berührt. Der Film ist ein Spiegelbild der menschlichen Natur mit all ihren Stärken und Schwächen. Er zeigt uns, dass es auch in einer zynischen und materialistischen Welt möglich ist, Liebe, Freundschaft und moralische Integrität zu finden. „Die Wohnung“ ist ein Film, der uns noch lange nach dem Abspann beschäftigt und uns dazu anregt, über unser eigenes Leben und unsere Werte nachzudenken. Ein absolutes Muss für jeden Filmliebhaber!

Studio	Alive Ag