Joker (2019): Eine Reise in den Abgrund der menschlichen Seele
Todd Phillips‘ „Joker“ ist mehr als nur ein Comic-Film. Es ist eine tiefgründige, verstörende und gleichzeitig faszinierende Charakterstudie, die uns in die Psyche eines Mannes führt, der von der Gesellschaft gebrochen und an den Rand gedrängt wird. Joaquin Phoenix‘ Oscar-prämierte Darstellung des Arthur Fleck, eines gescheiterten Clowns und angehenden Comedians, ist eine Meisterleistung, die den Zuschauer von der ersten Minute an in ihren Bann zieht und bis zum Schluss nicht mehr loslässt.
Eine Stadt am Rande des Wahnsinns
Die Geschichte spielt im Gotham City der frühen 1980er Jahre, einer Stadt, die von Armut, Kriminalität und sozialer Ungleichheit gezeichnet ist. Müll türmt sich in den Straßen, die Superreichen leben in ihren abgeschotteten Vierteln, und die Mittelschicht kämpft ums Überleben. In dieser düsteren Atmosphäre versucht Arthur Fleck, ein Leben zu führen, das von Träumen und Hoffnung geprägt ist. Er kümmert sich um seine kranke Mutter, arbeitet als Clown für Kinderpartys und träumt davon, ein erfolgreicher Stand-up-Comedian zu werden. Doch Arthurs Leben ist geprägt von psychischen Problemen, sozialer Isolation und der ständigen Ablehnung durch seine Umwelt. Er leidet unter einer neurologischen Störung, die unkontrollierbares Lachen auslöst, was ihn in peinliche und oft gefährliche Situationen bringt.
Der Abstieg in die Dunkelheit
Im Laufe des Films erleben wir Arthurs Abstieg in die Dunkelheit. Jeder Schlag, jede Demütigung, jede Enttäuschung treibt ihn weiter in den Wahnsinn. Als er von seinem Job gefeuert wird, entdeckt er ein dunkles Geheimnis über seine Herkunft, das seine Welt vollends ins Wanken bringt. Ein Vorfall in der U-Bahn, bei dem er von drei Wall Street-Angestellten angegriffen wird, wird zum Wendepunkt. In Notwehr tötet Arthur die Männer und löst damit unbeabsichtigt eine Welle der Gewalt und des Aufruhrs in Gotham City aus. Plötzlich wird er zum Symbol für die Ausgegrenzten und Unterdrückten, zum Helden einer Bewegung, die sich gegen die Eliten der Stadt richtet. Arthur, der sich nun Joker nennt, findet in diesem Chaos eine neue Identität und eine neue Bestimmung.
Die Geburt einer Ikone
Der Joker ist keine simple Verkörperung des Bösen. Er ist ein komplexer Charakter, der aus den Umständen seiner Existenz heraus entsteht. Seine Taten sind zwar grausam und gewalttätig, aber sie sind auch ein Ausdruck seiner Verzweiflung und seiner Wut auf eine Gesellschaft, die ihn im Stich gelassen hat. Der Film wirft unbequeme Fragen auf: Was treibt einen Menschen dazu, zum Monster zu werden? Welche Verantwortung trägt die Gesellschaft für das Entstehen von Gewalt? Und wie weit dürfen wir gehen, um unsere Stimme zu erheben?
„Joker“ ist ein Film, der polarisiert. Er ist verstörend, weil er uns einen Spiegel vorhält und uns mit den dunklen Seiten der menschlichen Natur konfrontiert. Aber er ist auch faszinierend, weil er uns einen Einblick in die Psyche eines gebrochenen Mannes gibt und uns dazu zwingt, über die Ursachen von Gewalt und die Bedeutung von sozialer Gerechtigkeit nachzudenken.
Die schauspielerischen Leistungen
Joaquin Phoenix‘ Darstellung ist schlichtweg atemberaubend. Er verkörpert Arthur Fleck mit einer Intensität und Verletzlichkeit, die unter die Haut geht. Er hat für die Rolle massiv an Gewicht verloren und sich monatelang intensiv mit psychischen Erkrankungen auseinandergesetzt, um die Rolle so authentisch wie möglich darzustellen. Seine Körpersprache, seine Mimik und seine Stimme spiegeln den inneren Kampf des Charakters wider. Phoenix‘ Leistung ist so überzeugend, dass man fast vergisst, dass man einen Schauspieler sieht.
Auch die Nebenrollen sind hervorragend besetzt. Robert De Niro spielt den Talkshow-Moderator Murray Franklin, der für Arthur zu einer Art Vaterfigur wird, ihn aber gleichzeitig auch demütigt. Zazie Beetz verkörpert Sophie Dumond, Arthurs Nachbarin, zu der er eine obsessive Beziehung entwickelt. Frances Conroy spielt Penny Fleck, Arthurs kranke Mutter, die in ihrer eigenen Welt lebt und eine dunkle Vergangenheit verbirgt.
Die visuelle Gestaltung und der Soundtrack
Die visuelle Gestaltung des Films ist düster und beklemmend. Gotham City wird als eine schmutzige, heruntergekommene Stadt dargestellt, in der die Hoffnung verloren gegangen ist. Die Kameraführung ist oft unruhig und verwackelt, was die innere Zerrissenheit des Charakters widerspiegelt. Die Farbpalette ist überwiegend trist und grau, mit wenigen Farbtupfern, die aber umso stärker wirken.
Der Soundtrack von Hildur Guðnadóttir ist ein Meisterwerk für sich. Die Musik ist düster, melancholisch und verstörend, und sie unterstreicht die emotionale Wirkung der Bilder. Guðnadóttir hat für ihre Arbeit am Film einen Oscar gewonnen. Besonders prägend ist der Einsatz von Cellomusik, die die Einsamkeit und Verzweiflung des Joker auf eindringliche Weise vermittelt.
Themen und Interpretationen
„Joker“ ist ein Film, der zu zahlreichen Interpretationen einlädt. Einige sehen in ihm eine Kritik an der sozialen Ungleichheit und dem Kapitalismus, andere eine Warnung vor den Folgen von psychischer Erkrankung und sozialer Isolation. Wieder andere interpretieren den Film als eine Allegorie auf die Macht der Medien und die Manipulation der öffentlichen Meinung.
Hier sind einige der zentralen Themen, die im Film behandelt werden:
- Soziale Isolation und Entfremdung: Arthur Fleck ist ein Mann, der von der Gesellschaft isoliert und entfremdet ist. Er hat keine Freunde, keine Familie und keine Perspektive. Seine Einsamkeit und Verzweiflung führen ihn schließlich in den Wahnsinn.
- Psychische Erkrankung: Der Film thematisiert die Schwierigkeiten, mit denen Menschen mit psychischen Erkrankungen konfrontiert sind. Arthur Fleck leidet unter einer Vielzahl von psychischen Problemen, die ihn daran hindern, ein normales Leben zu führen.
- Gewalt und Rebellion: Der Film zeigt, wie Gewalt entstehen kann, wenn Menschen sich von der Gesellschaft im Stich gelassen fühlen. Arthurs Taten sind ein Ausdruck seiner Wut und Verzweiflung, aber sie sind auch eine Rebellion gegen eine Gesellschaft, die ihn unterdrückt.
- Die Rolle der Medien: Der Film kritisiert die Sensationsgier der Medien und die Art und Weise, wie sie Gewalt verherrlichen. Arthurs Taten werden von den Medien instrumentalisiert und er wird zu einem Symbol für die Ausgegrenzten und Unterdrückten.
- Identität und Transformation: Arthur Fleck durchläuft im Laufe des Films eine tiefgreifende Transformation. Er verwandelt sich von einem unscheinbaren, verängstigten Mann in eine charismatische und gefährliche Figur.
Kontroversen und Kritik
„Joker“ war von Anfang an umstritten. Einige Kritiker warfen dem Film vor, Gewalt zu verherrlichen und psychische Erkrankungen zu stigmatisieren. Andere lobten den Film für seine künstlerische Qualität und seine tiefgründige Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Problemen.
Einige Kinos in den USA erhöhten vor der Premiere die Sicherheitsvorkehrungen, da sie befürchteten, dass der Film zu Gewaltakten inspirieren könnte. Es gab jedoch keine nennenswerten Vorfälle. Die Kontroversen um den Film trugen jedoch dazu bei, dass er zu einem großen Publikumserfolg wurde.
Fazit: Ein Meisterwerk, das nachwirkt
„Joker“ ist ein Film, der unter die Haut geht und den Zuschauer noch lange nach dem Abspann beschäftigt. Er ist ein verstörendes, aber auch faszinierendes Porträt eines Mannes, der von der Gesellschaft gebrochen wird und in den Wahnsinn abdriftet. Joaquin Phoenix‘ Leistung ist schlichtweg herausragend, und die visuelle Gestaltung und der Soundtrack des Films sind meisterhaft. „Joker“ ist ein Film, der polarisiert und zu Diskussionen anregt. Er ist ein Muss für alle, die sich für anspruchsvolle und tiefgründige Filme interessieren. Er ist nicht einfach zu verdauen, aber er regt zum Nachdenken an und hinterlässt einen bleibenden Eindruck.
Technische Details
Kategorie | Information |
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Regie | Todd Phillips |
Hauptdarsteller | Joaquin Phoenix, Robert De Niro, Zazie Beetz, Frances Conroy |
Drehbuch | Todd Phillips, Scott Silver |
Musik | Hildur Guðnadóttir |
Kamera | Lawrence Sher |
Erscheinungsjahr | 2019 |
Länge | 122 Minuten |
FSK | Ab 16 Jahren |
Wo kann man den Film sehen?
„Joker“ ist auf verschiedenen Streaming-Plattformen verfügbar, kann online gekauft oder ausgeliehen werden und ist auch auf DVD und Blu-ray erhältlich. Überprüfe bitte die Verfügbarkeit auf den jeweiligen Plattformen in deiner Region.