The Virgin Suicides: Eine Reise in die Melancholie der Vorstadt
Sofia Coppolas „The Virgin Suicides“, erschienen im Jahr 1999, ist mehr als nur ein Film. Es ist ein sinnliches, traumhaftes Eintauchen in die enigmatische Welt der fünf Lisbon-Schwestern und die obsessive Faszination, die sie in einer Gruppe von Jungen hervorrufen. Der Film, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Jeffrey Eugenides, ist eine elegische Betrachtung von Jugend, Sehnsucht, Isolation und dem unergründlichen Geheimnis des weiblichen Daseins.
Die Geschichte: Eine Vorstadtsaga der Verlorenheit
Die Geschichte spielt in den 1970er Jahren in einer scheinbar idyllischen Vorstadt von Michigan. Die Lisbon-Schwestern – Therese, Mary, Bonnie, Lux und Cecilia – leben unter der strengen Aufsicht ihrer konservativen und überfürsorglichen Eltern. Ihre Welt ist geprägt von religiösen Ritualen, ungeschriebenen Regeln und einer erdrückenden Atmosphäre der Zurückhaltung. Im Gegensatz dazu steht die wachsende Neugier und Anziehungskraft, die die Schwestern auf eine Gruppe von Jungen in der Nachbarschaft ausüben. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive dieser Jungen, die nun erwachsen sind und immer noch von den Ereignissen jenes Sommers heimgesucht werden. Sie versuchen, die Geheimnisse der Lisbon-Schwestern zu enträtseln, doch je näher sie kommen, desto tiefer tauchen sie in ein Labyrinth aus unerfüllter Sehnsucht und tragischer Verzweiflung ein.
Alles beginnt mit dem Selbstmordversuch der jüngsten Schwester, Cecilia. Nach einem missglückten Versuch, ihr Leben zu beenden, erlauben die Eltern den Schwestern, an einem überwachten Date teilzunehmen, um ihre soziale Integration zu fördern. Doch die Tragödie nimmt ihren Lauf, und Cecilia gelingt kurz darauf der Selbstmord. Dieser Vorfall markiert den Beginn einer Abwärtsspirale, die die Familie Lisbon in Isolation und Stille hüllt. Die Eltern verschärfen ihre Kontrollmaßnahmen, und die Schwestern werden zunehmend von der Außenwelt abgeschirmt.
Die Jungen, allen voran Trip Fontaine, der umschwärmte Schönling der Schule, sind besessen davon, die Schwestern zu verstehen und ihnen zu helfen. Trip gelingt es, Lux zu einem Rendezvous zu überreden, doch nach einer gemeinsamen Nacht lässt er sie im Stich. Dieser Verrat ist ein Wendepunkt, der die bereits fragile Welt der Lisbon-Schwestern endgültig zum Einsturz bringt. Die Eltern verbarrikadieren die Mädchen im Haus, und die Außenwelt kann nur noch durch flüchtige Blicke und heimliche Botschaften an ihrer Existenz teilhaben.
Schließlich planen die Jungen eine Rettungsaktion, um die Schwestern aus ihrem goldenen Käfig zu befreien. Doch als sie das Haus erreichen, finden sie eine Szene des Grauens vor: Die Schwestern haben beschlossen, ihr Leben selbst zu beenden, und hinterlassen eine Atmosphäre des unbegreiflichen Schmerzes und der unbeantworteten Fragen.
Die Themen: Jugend, Sehnsucht und das Rätsel des weiblichen Daseins
„The Virgin Suicides“ ist ein Film, der sich mit einer Vielzahl von tiefgründigen Themen auseinandersetzt:
- Jugendliche Sehnsucht: Der Film fängt die Intensität und Verwirrung der ersten Liebe und des Erwachens der Sexualität ein. Die Jungen sind von den Lisbon-Schwestern fasziniert, nicht nur wegen ihrer Schönheit, sondern auch wegen des Geheimnisses, das sie umgibt. Sie projizieren ihre eigenen Wünsche und Fantasien auf die Mädchen und idealisieren sie zu unerreichbaren Objekten der Begierde.
- Isolation und Entfremdung: Die Lisbon-Schwestern sind in ihrer Familie und in der Gesellschaft isoliert. Sie fühlen sich unverstanden und gefangen in einer Welt, die ihre Bedürfnisse und Wünsche ignoriert. Ihre Isolation wird durch die Strenge ihrer Eltern und die konservative Atmosphäre der Vorstadt noch verstärkt.
- Das Rätsel des weiblichen Daseins: Der Film erkundet die Komplexität des weiblichen Daseins und die Schwierigkeit, sich in einer patriarchalischen Gesellschaft zu behaupten. Die Lisbon-Schwestern werden als enigmatische Wesen dargestellt, deren Gedanken und Gefühle für die Jungen undurchdringlich bleiben. Der Film stellt die Frage, ob es überhaupt möglich ist, das Wesen einer Frau vollständig zu verstehen.
- Der Verlust der Unschuld: Der Film ist eine elegische Betrachtung des Verlusts der Unschuld und der Vergänglichkeit der Jugend. Die Selbstmorde der Lisbon-Schwestern markieren das Ende einer Ära und den Verlust einer unbeschwerten Zeit. Die Jungen, die die Ereignisse miterlebt haben, werden für immer von den Tragödien ihrer Jugend gezeichnet sein.
Die Inszenierung: Ein visuelles Meisterwerk
Sofia Coppola beweist in „The Virgin Suicides“ ihr außergewöhnliches Talent für visuelles Storytelling. Der Film ist geprägt von einer träumerischen, melancholischen Atmosphäre, die durch die Verwendung von sanften Farben, nostalgischer Musik und langsamen Kamerafahrten erzeugt wird. Die Inszenierung ist subtil und zurückhaltend, wodurch die Emotionen der Charaktere noch stärker zur Geltung kommen.
Besonders hervorzuheben ist die Verwendung von Musik im Film. Die Musik von Air, einer französischen Elektronik-Band, trägt maßgeblich zur Atmosphäre des Films bei. Die melancholischen Klänge und die hypnotischen Melodien verstärken die Gefühle von Sehnsucht, Isolation und Verzweiflung. Die Musik wird zu einem integralen Bestandteil der Erzählung und verleiht dem Film eine zusätzliche Ebene der Tiefe.
Auch die Kostüme und das Szenenbild tragen zur Authentizität des Films bei. Die Kleidung der Lisbon-Schwestern, die Einrichtung ihrer Zimmer und die Architektur der Vorstadt vermitteln ein lebendiges Bild der 1970er Jahre. Coppola legt Wert auf Details, die die Atmosphäre der Zeit und den Geist der Charaktere widerspiegeln.
Die Charaktere: Gefangen in ihren eigenen Welten
Die Charaktere in „The Virgin Suicides“ sind komplex und vielschichtig. Sie sind geprägt von ihren individuellen Erfahrungen und den gesellschaftlichen Erwartungen, die an sie gestellt werden.
- Die Lisbon-Schwestern: Die fünf Schwestern sind das Zentrum des Films. Sie werden als individuelle Persönlichkeiten dargestellt, die jeweils ihre eigenen Träume, Ängste und Sehnsüchte haben. Doch sie sind auch durch ihre Isolation und ihre gemeinsame Tragödie miteinander verbunden.
- Die Jungen: Die Jungen sind die Beobachter der Geschichte. Sie sind von den Lisbon-Schwestern fasziniert und versuchen, ihre Geheimnisse zu enträtseln. Doch sie sind auch selbst auf der Suche nach Identität und Sinn in einer Welt, die sie nicht verstehen.
- Die Eltern Lisbon: Die Eltern sind eine Quelle der Strenge und des Unverständnisses. Sie sind gefangen in ihren eigenen Konventionen und können nicht auf die Bedürfnisse ihrer Töchter eingehen. Ihre Überfürsorglichkeit und ihr Kontrollzwang tragen maßgeblich zur Tragödie bei.
Die Besetzung: Eine perfekte Harmonie
Die Besetzung von „The Virgin Suicides“ ist hervorragend. Kirsten Dunst überzeugt in der Rolle der Lux Lisbon, der rebellischsten und verführerischsten der Schwestern. Josh Hartnett spielt Trip Fontaine, den umschwärmten Schönling der Schule, mit einer Mischung aus Arroganz und Verletzlichkeit. James Woods und Kathleen Turner verkörpern die Eltern Lisbon mit einer beklemmenden Intensität.
Die Chemie zwischen den Darstellern ist spürbar, was dem Film eine zusätzliche Ebene der Authentizität verleiht. Die Schauspieler verkörpern ihre Rollen mit Leidenschaft und Hingabe, wodurch die Charaktere zum Leben erweckt werden.
Fazit: Ein zeitloses Meisterwerk der Melancholie
„The Virgin Suicides“ ist ein Film, der lange nach dem Abspann nachwirkt. Er ist eine elegische Betrachtung von Jugend, Sehnsucht und dem unergründlichen Geheimnis des weiblichen Daseins. Sofia Coppola hat mit diesem Film ein zeitloses Meisterwerk geschaffen, das die Zuschauer in eine Welt der Melancholie und des Schmerzes entführt.
Der Film ist nicht nur ein visuelles Fest, sondern auch eine tiefgründige Auseinandersetzung mit existenziellen Fragen. Er regt zum Nachdenken an und lässt den Zuschauer mit einem Gefühl der Verlorenheit und des Unverständnisses zurück. „The Virgin Suicides“ ist ein Film, den man gesehen haben muss, um seine ganze Schönheit und Tragik zu erfassen.
Auszeichnungen
Obwohl „The Virgin Suicides“ keine großen Auszeichnungen wie einen Oscar gewann, wurde der Film für seine einzigartige Atmosphäre, die Regie von Sofia Coppola und die schauspielerischen Leistungen gelobt. Er erlangte im Laufe der Zeit Kultstatus und wird heute als einer der wichtigsten Independent-Filme der späten 1990er Jahre angesehen.
Wo kann man den Film sehen?
Die Verfügbarkeit von „The Virgin Suicides“ kann sich je nach Region und Streaming-Diensten ändern. Es lohnt sich, bei gängigen Plattformen wie Netflix, Amazon Prime Video, Disney+ oder Apple TV+ zu suchen. Alternativ kann der Film auch als DVD oder Blu-ray erworben werden.