Tully: Eine ehrliche und berührende Reise durch Mutterschaft und Selbstfindung
In „Tully“, einem Film von Regisseurin Jason Reitman und Drehbuchautorin Diablo Cody, erwartet uns eine ungewöhnlich offene und berührende Auseinandersetzung mit den Herausforderungen und der oft unerzählten Seite der Mutterschaft. Anders als glattpolierte Darstellungen zeigt „Tully“ die raue, anstrengende und manchmal auch überwältigende Realität, die mit der Versorgung eines Neugeborenen einhergeht. Charlize Theron brilliert in der Rolle der Marlo, einer erschöpften Mutter, die am Rande ihrer Kräfte ist.
Die Geschichte: Ein Alltag zwischen Windeln und Erschöpfung
Marlo ist eine dreifache Mutter. Ihr älterer Sohn Jonah hat Verhaltensauffälligkeiten und benötigt besondere Aufmerksamkeit, während ihre Tochter Sarah altersgerecht Aufmerksamkeit fordert. Als Marlo unerwartet mit ihrem dritten Kind schwanger wird, gerät ihr ohnehin schon anstrengendes Leben vollends aus den Fugen. Die Nächte sind kurz, die Tage lang, und die Erschöpfung ist allgegenwärtig. Ihr Bruder Craig, der ihr Wohlstand und scheinbare Perfektion vorlebt, bietet ihr eine Nacht-Nanny an, um sie zu entlasten. Zunächst sträubt sich Marlo gegen diese Idee, da sie die Kontrolle ungern abgibt und sich schuldig fühlt, Hilfe anzunehmen. Doch als die Belastung unerträglich wird, gibt sie nach.
Eines Nachts tritt Tully (Mackenzie Davis) in Marlos Leben. Tully ist jung, lebensfroh und voller Energie. Sie ist eine professionelle Nacht-Nanny, die Marlo nicht nur bei der Versorgung des Babys hilft, sondern auch eine wichtige emotionale Stütze wird. Tully übernimmt die nächtlichen Fütterungen, beruhigt das Baby und lässt Marlo endlich wieder schlafen. Doch Tully ist mehr als nur eine Nanny. Sie ist eine Gesprächspartnerin, eine Freundin und ein Spiegel, der Marlo hilft, sich selbst wiederzufinden.
Die Charaktere: Zwischen Überforderung und Hoffnung
Marlo (Charlize Theron): Charlize Theron liefert eine beeindruckende Performance als Marlo. Sie verkörpert die Erschöpfung, die Frustration und die Liebe einer Mutter mit einer unglaublichen Authentizität. Theron hat für die Rolle sichtbar an Gewicht zugenommen, um Marlos körperliche Veränderungen nach der Schwangerschaft realistisch darzustellen. Ihre Darstellung ist ehrlich, mutig und berührend.
Tully (Mackenzie Davis): Mackenzie Davis spielt Tully mit einer ansteckenden Lebensfreude und einer tiefen Empathie. Tully ist jung, unkonventionell und strahlt eine positive Energie aus, die Marlo guttut. Sie ist nicht nur eine Hilfe im Alltag, sondern auch eine wichtige Gesprächspartnerin und Freundin.
Drew (Ron Livingston): Ron Livingston spielt Marlos Ehemann Drew. Er ist ein liebevoller Vater und Ehemann, aber er ist oft abwesend und nicht in der Lage, Marlos Belastung wirklich zu verstehen. Er arbeitet viel und versucht, seine Familie zu unterstützen, aber er ist oft überfordert mit der Situation.
Themen und Botschaften: Mehr als nur ein Film über Mutterschaft
„Tully“ ist mehr als nur ein Film über die Herausforderungen der Mutterschaft. Er ist eine Auseinandersetzung mit Themen wie:
- Selbstfindung: Marlo hat sich in ihrer Rolle als Mutter verloren. Tully hilft ihr, sich selbst wiederzufinden und ihre eigenen Bedürfnisse nicht zu vergessen.
- Perfektionismus: Der Film hinterfragt den gesellschaftlichen Druck auf Mütter, perfekt sein zu müssen. Er zeigt, dass es in Ordnung ist, überfordert zu sein und Hilfe anzunehmen.
- Einsamkeit: Viele Mütter fühlen sich einsam und isoliert, besonders in der Zeit nach der Geburt. „Tully“ thematisiert diese Einsamkeit und zeigt, wie wichtig es ist, sich Unterstützung zu suchen.
- Psychische Gesundheit: Der Film berührt auf subtile Weise das Thema postpartale Depression und Angstzustände, die viele Mütter erleben.
Die Inszenierung: Realistisch, ehrlich und berührend
Jason Reitman und Diablo Cody haben bereits in Filmen wie „Juno“ und „Young Adult“ bewiesen, dass sie ein Händchen für ehrliche und unkonventionelle Geschichten haben. Auch in „Tully“ gelingt es ihnen, die Realität der Mutterschaft ungeschönt und authentisch darzustellen. Die Kameraführung ist ruhig und beobachtend, die Dialoge sind pointiert und humorvoll, aber auch emotional und ehrlich. Der Soundtrack unterstützt die Stimmung des Films auf subtile Weise.
Der Film verzichtet auf jegliche Klischees und zeigt stattdessen die grauen und unangenehmen Seiten der Mutterschaft. Die Zuschauer erleben Marlos Erschöpfung, ihre Frustration und ihre Zweifel hautnah mit. Gleichzeitig zeigt der Film aber auch die Liebe, die Freude und die tiefe Verbundenheit zwischen Mutter und Kind.
Die emotionale Wirkung: Ein Film, der nachwirkt
„Tully“ ist ein Film, der lange nachwirkt. Er berührt, bewegt und regt zum Nachdenken an. Er ist ein Film für alle Mütter, die sich in Marlo wiedererkennen, aber auch für alle anderen, die mehr über die Realität der Mutterschaft erfahren möchten. Der Film zeigt, dass es in Ordnung ist, nicht perfekt zu sein, und dass es wichtig ist, sich selbst nicht zu vergessen.
Er bietet keinen einfachen Lösungen oder ein Happy End im klassischen Sinne. Stattdessen zeigt er einen realistischen und ehrlichen Weg der Selbstfindung und Akzeptanz. „Tully“ ist ein Film, der Mut macht, über die eigenen Grenzen zu sprechen und sich Unterstützung zu suchen.
Kritik und Auszeichnungen: Anerkennung für Ehrlichkeit und Authentizität
„Tully“ wurde von Kritikern und Publikum gleichermaßen positiv aufgenommen. Charlize Therons schauspielerische Leistung wurde besonders gelobt, ebenso wie die ehrliche und authentische Darstellung der Mutterschaft. Der Film wurde für mehrere Preise nominiert, darunter:
Preis | Kategorie |
---|---|
Golden Globe Award | Beste Hauptdarstellerin – Komödie oder Musical (Charlize Theron) |
Critics‘ Choice Movie Award | Beste Hauptdarstellerin (Charlize Theron) |
Fazit: Ein Muss für alle, die Mutterschaft neu denken wollen
„Tully“ ist ein außergewöhnlicher Film, der sich auf ehrliche und berührende Weise mit den Herausforderungen und der Schönheit der Mutterschaft auseinandersetzt. Charlize Theron brilliert in der Rolle der Marlo, und die Regie von Jason Reitman ist einfühlsam und authentisch. Der Film ist ein Muss für alle, die mehr über die Realität der Mutterschaft erfahren möchten und die sich nach einer ehrlichen und ungeschönten Darstellung sehnen. „Tully“ ist ein Film, der Mut macht, über die eigenen Grenzen zu sprechen und sich Unterstützung zu suchen. Ein Film, der lange nachwirkt und zum Nachdenken anregt.