Barry Lyndon: Eine epische Reise durch das 18. Jahrhundert
Stanley Kubricks „Barry Lyndon“ ist mehr als nur ein Film – es ist ein Gemälde, das auf der Leinwand zum Leben erwacht. Ein visuell überwältigendes und emotional tiefgründiges Meisterwerk, das den Aufstieg und Fall eines Mannes im Europa des 18. Jahrhunderts schildert. Tauchen Sie ein in eine Welt aus Prunk, Intrigen und unerbittlichem Schicksal, in der Ehre, Liebe und Macht die Triebfedern menschlichen Handelns sind.
Die Geschichte eines Abenteurers
Die Geschichte beginnt im ländlichen Irland, wo der junge Redmond Barry (Ryan O’Neal) ein unbeschwertes Leben führt. Doch die Idylle zerbricht, als er sich unsterblich in seine Cousine Nora Brady (Gay Hamilton) verliebt. Als Nora gezwungen wird, den wohlhabenden Captain John Quin (Leonard Rossiter) zu heiraten, stürzt Redmond sich in ein Duell, das sein Leben für immer verändern soll. In der Annahme, Quin getötet zu haben, flieht er aus Irland und beginnt eine Odyssee durch Europa.
Auf seiner Flucht gerät Barry in die Hände von Captain Feeney (Arthur O’Sullivan), der ihn in die preußische Armee zwingt. Im Siebenjährigen Krieg lernt er die brutale Realität des Krieges kennen und entwickelt einen Überlebensinstinkt, der ihn später noch weit bringen wird. Nach einer riskanten Flucht vor dem preußischen Militär schließt er sich dem Chevalier de Balibari (Patrick Magee) an, einem professionellen Spieler und Betrüger.
Gemeinsam reisen sie durch Europa und ziehen reiche Adlige über den Tisch. Barry lernt die Kunst der Verführung, des Glücksspiels und der gesellschaftlichen Intrigen. Sein Ehrgeiz und sein unstillbarer Durst nach Anerkennung treiben ihn an, immer höher hinaus zu wollen.
Der Aufstieg zur Macht
Barrys Leben nimmt eine entscheidende Wendung, als er die reiche und einflussreiche Lady Lyndon (Marisa Berenson) kennenlernt. Sie ist unglücklich mit ihrem alten und kränklichen Ehemann, Sir Charles Lyndon (Frank Middlemass), verheiratet. Barry sieht in ihr die Chance seines Lebens – den Schlüssel zu Reichtum, Macht und gesellschaftlichem Ansehen. Er umwirbt sie mit Charme und Geschick und gewinnt schließlich ihr Herz. Nach dem Tod Sir Charles‘ heiraten die beiden, und Redmond Barry wird zu Barry Lyndon, einem Mann von Stand und Vermögen.
Doch sein neues Leben ist nicht so rosig, wie er es sich vorgestellt hat. Lady Lyndon ist emotional distanziert und von ihrer Vergangenheit gezeichnet. Ihre Verbindung ist von Anfang an von Misstrauen und Konflikten geprägt. Zudem gerät Barry in Konflikt mit Lord Bullingdon (Dominic Savage als junger Bullingdon, Leon Vitali als älterer Bullingdon), Lady Lyndons Sohn aus erster Ehe. Bullingdon hasst Barry für seine Ambitionen und seinen Einfluss auf seine Mutter und schwört Rache.
Der Fall eines Mannes
Barrys Leben als Barry Lyndon ist geprägt von Verschwendung, Glücksspiel und dem Versuch, seinen Platz in der feinen Gesellschaft zu festigen. Er vernachlässigt seine Frau und seinen Stiefsohn und behandelt seine Untergebenen herablassend. Seine Arroganz und sein Größenwahn führen schließlich zu seinem Fall.
Der Tod seines Sohnes Bryan (David Morley), den er innig liebt, ist ein schwerer Schlag für Barry. Er verfällt in tiefe Trauer und verliert den Halt in seinem Leben. Lord Bullingdon nutzt die Gelegenheit und fordert Barry zu einem Duell heraus. In diesem Duell wird Barry schwer verletzt und verliert ein Bein. Er ist am Boden zerstört und muss sein luxuriöses Leben aufgeben.
Am Ende des Films sehen wir Barry, wie er mittellos und gedemütigt aus England vertrieben wird. Sein Aufstieg war kometenhaft, sein Fall umso tiefer. Er kehrt zurück in die Armut und das Schicksal, dem er einst entkommen wollte. Lady Lyndon bleibt zurück, vereinsamt und verlassen in ihrem prunkvollen Anwesen.
Kubricks Meisterwerk: Bildgewalt und Inszenierung
„Barry Lyndon“ ist nicht nur eine spannende Geschichte, sondern auch ein visuelles Meisterwerk. Stanley Kubrick perfektionierte die Kunst der Bildkomposition und schuf mit Hilfe natürlicher Lichtquellen und historisch akkurater Kostüme und Kulissen eine authentische Atmosphäre des 18. Jahrhunderts.
Der Film wurde mit speziell angefertigten Objektiven gedreht, um Szenen mit Kerzenlicht ohne künstliche Beleuchtung aufnehmen zu können. Dies verleiht dem Film eine einzigartige Ästhetik und eine intime Atmosphäre. Jede Szene ist wie ein Gemälde, das die Schönheit und Härte des Lebens im 18. Jahrhundert widerspiegelt.
Kubrick verwendete lange, ruhige Einstellungen und eine langsame Erzählweise, um die Zuschauer in die Welt von Barry Lyndon eintauchen zu lassen. Die Musik, die hauptsächlich aus klassischen Stücken besteht, unterstreicht die Emotionen und die Dramatik der Geschichte.
Themen und Interpretationen
„Barry Lyndon“ ist ein Film über Ehrgeiz, Schicksal, die Suche nach Anerkennung und die Vergänglichkeit des Ruhms. Er zeigt, wie ein Mann von einfachen Verhältnissen versucht, in der Gesellschaft aufzusteigen, aber letztendlich an seinen eigenen Fehlern und den Umständen scheitert.
Der Film thematisiert auch die Klassenunterschiede und die Ungerechtigkeiten des 18. Jahrhunderts. Barry Lyndon ist ein Spielball der gesellschaftlichen Kräfte, der versucht, sich in einer Welt zu behaupten, die von Konventionen und Intrigen geprägt ist.
Ein weiteres wichtiges Thema ist die Liebe. Barrys Beziehungen zu Frauen sind von Kalkül und Manipulation geprägt. Er liebt Nora Brady aufrichtig, aber seine Liebe zu Lady Lyndon ist eher von Ehrgeiz und dem Wunsch nach Reichtum motiviert. Der Film zeigt, wie Liebe und Beziehungen durch Macht und Geld korrumpiert werden können.
Die Besetzung: Ryan O’Neal in der Rolle seines Lebens
Ryan O’Neal liefert in der Rolle des Barry Lyndon eine beeindruckende Leistung ab. Er verkörpert den jungen, naiven Redmond Barry ebenso überzeugend wie den zynischen und machtbesessenen Barry Lyndon. Marisa Berenson spielt die Lady Lyndon mit einer subtilen Mischung aus Schönheit, Melancholie und Verletzlichkeit. Die Nebendarsteller, darunter Patrick Magee als Chevalier de Balibari und Leon Vitali als Lord Bullingdon, tragen ebenfalls zur Authentizität und Tiefe des Films bei.
Fazit: Ein unvergessliches Filmerlebnis
„Barry Lyndon“ ist ein Film, der lange nachwirkt. Er ist ein Meisterwerk der Filmkunst, das durch seine visuelle Pracht, seine tiefgründige Geschichte und seine hervorragenden schauspielerischen Leistungen besticht. Tauchen Sie ein in die Welt des 18. Jahrhunderts und erleben Sie die epische Reise von Barry Lyndon – ein unvergessliches Filmerlebnis, das Sie nicht verpassen sollten.
Auszeichnungen
Der Film gewann zahlreiche Auszeichnungen, darunter:
- Oscar für die beste Kamera
- Oscar für das beste Szenenbild
- Oscar für das beste Kostümdesign
- Oscar für die beste Musik (Adaption)
Technische Daten
Originaltitel | Barry Lyndon |
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Erscheinungsjahr | 1975 |
Regie | Stanley Kubrick |
Drehbuch | Stanley Kubrick (nach dem Roman „The Luck of Barry Lyndon“ von William Makepeace Thackeray) |
Länge | 185 Minuten |
Genre | Historienfilm, Drama |