Inhalt

Deutschland im Herbst & Die Patriotin – Edition Filmmuseum: Ein Spiegel der deutschen Seele

Die Edition Filmmuseum präsentiert mit „Deutschland im Herbst“ und „Die Patriotin“ zwei Schlüsselwerke des Neuen Deutschen Films, die auf eindringliche Weise die Zerrissenheit und das Ringen um Identität in der Bundesrepublik der späten 1970er und frühen 1980er Jahre beleuchten. Diese Filme sind mehr als nur historische Dokumente; sie sind lebendige Zeugnisse einer Gesellschaft im Umbruch, die mit ihrer Vergangenheit konfrontiert wird und nach einem Weg in die Zukunft sucht. Sie fangen ein Lebensgefühl ein, das bis heute nachhallt und uns dazu auffordert, uns mit den bleibenden Fragen nach Schuld, Verantwortung und dem Wesen der Demokratie auseinanderzusetzen.

Deutschland im Herbst (1978): Ein kollektives Trauma

„Deutschland im Herbst“ ist ein einzigartiges Experiment des deutschen Films. Nach der Entführung und Ermordung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer durch die Rote Armee Fraktion (RAF) und dem Selbstmord der RAF-Mitglieder Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe im Gefängnis Stammheim schlossen sich zahlreiche namhafte Regisseure, darunter Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff, Alexander Kluge, Margarethe von Trotta und Bernhard Sinkel, zusammen, um in einem Gemeinschaftsprojekt die Atmosphäre dieser turbulenten Zeit einzufangen.

Der Film ist keine chronologische Nacherzählung der Ereignisse, sondern ein vielschichtiges Kaleidoskop aus Spielszenen, Dokumentaraufnahmen und persönlichen Reflexionen. Er zeigt die Lähmung, die Angst und die Unsicherheit, die sich in der Bevölkerung breitgemacht hatten. Er wirft Fragen nach dem Verhältnis von Staat und Bürger, nach der Rolle der Medien und nach der Berechtigung von Gewalt auf.

Einige der eindrücklichsten Szenen sind:

Die Diskussion einer Lehrerin mit ihren Schülern über die Frage, ob man Verständnis für die Motive der Terroristen haben dürfe.
Die Auseinandersetzung einer Familie über die Beerdigung eines RAF-Mitglieds.
Die Beobachtungen von Gabi Teichert (gespielt von Hannelore Hoger) im Angesicht der angespannten politischen Lage.

„Deutschland im Herbst“ ist ein unbequemer Film, der keine einfachen Antworten liefert. Er zwingt den Zuschauer, sich mit den Widersprüchen und Abgründen der deutschen Geschichte auseinanderzusetzen und sich eine eigene Meinung zu bilden. Er ist ein Aufruf zur kritischen Reflexion und zur aktiven Gestaltung der Demokratie.

Die Patriotin (1979): Eine Reise in die deutsche Vergangenheit

Alexander Kluge, einer der wichtigsten Vertreter des Neuen Deutschen Films, schuf mit „Die Patriotin“ ein ebenso faszinierendes wie rätselhaftes Werk. Der Film ist eine allegorische Reise durch die deutsche Geschichte, erzählt aus der Perspektive der Geschichtslehrerin Gabi Teichert (gespielt von Hannelore Hoger), die bereits in „Deutschland im Herbst“ eine wichtige Rolle spielte.

Gabi Teichert ist unzufrieden mit der herkömmlichen Geschichtsschreibung, die ihr zu einseitig und zu verklärend erscheint. Sie sucht nach einer neuen, umfassenderen Sicht auf die deutsche Vergangenheit, die auch die dunklen Kapitel und die vergessenen Stimmen berücksichtigt. Dabei begegnet sie historischen Figuren, philosophischen Konzepten und surrealen Visionen.

Der Film ist reich an symbolischen Bildern und assoziativen Montagen. Kluge bedient sich verschiedener filmischer Mittel wie Dokumentaraufnahmen, Trickfilme und Texteinblendungen, um eine vielschichtige und fragmentarische Darstellung der deutschen Geschichte zu entwerfen.

Einige der zentralen Themen des Films sind:

Die Frage nach der deutschen Identität und dem Nationalgefühl.
Die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Folgen.
Die Bedeutung von Erinnerung und Geschichtsbewusstsein für die Gegenwart.
Das Verhältnis von Individuum und Gesellschaft.

„Die Patriotin“ ist kein Film, der sich leicht erschließt. Er fordert den Zuschauer heraus, sich aktiv an der Interpretation zu beteiligen und eigene Verbindungen zwischen den einzelnen Elementen herzustellen. Er ist ein intellektuelles Abenteuer, das mit neuen Erkenntnissen und Perspektiven belohnt.

Die Edition Filmmuseum: Ein Schatz für Cineasten und Geschichtsinteressierte

Die Edition Filmmuseum präsentiert „Deutschland im Herbst“ und „Die Patriotin“ in restaurierten Fassungen, die die Filme in ihrer ursprünglichen Pracht erstrahlen lassen. Die Edition enthält außerdem umfangreiches Bonusmaterial, darunter Interviews mit den Regisseuren, Hintergrundinformationen und Essays von renommierten Filmwissenschaftlern.

Diese Edition ist ein Muss für alle, die sich für den Neuen Deutschen Film, die deutsche Geschichte und die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit interessieren. Sie bietet die Möglichkeit, zwei bedeutende Werke der Filmgeschichte neu zu entdecken und sich intensiv mit den Fragen auseinanderzusetzen, die sie aufwerfen.

Die Edition Filmmuseum leistet einen wichtigen Beitrag zur Bewahrung des deutschen Filmerbes und ermöglicht es, diese Filme einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Sie ist eine Bereicherung für jede Filmsammlung und ein wertvolles Zeitdokument, das uns hilft, die Gegenwart besser zu verstehen.

Die Bedeutung der Filme heute

Obwohl „Deutschland im Herbst“ und „Die Patriotin“ vor über 40 Jahren entstanden sind, haben sie nichts von ihrer Aktualität verloren. Die Fragen, die sie aufwerfen, sind heute genauso relevant wie damals. Die Auseinandersetzung mit Terrorismus, die Suche nach nationaler Identität und die Reflexion über die deutsche Geschichte sind Themen, die uns auch im 21. Jahrhundert beschäftigen.

In einer Zeit, in der Populismus und Nationalismus wieder an Bedeutung gewinnen, ist es wichtiger denn je, sich kritisch mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und die Lehren daraus zu ziehen. „Deutschland im Herbst“ und „Die Patriotin“ sind Filme, die uns dazu anregen, über den Tellerrand zu schauen, unsere eigenen Überzeugungen zu hinterfragen und uns für eine offene und demokratische Gesellschaft einzusetzen.

Eine Einladung zur Reflexion

„Deutschland im Herbst“ und „Die Patriotin“ sind keine einfachen Unterhaltungsfilme. Sie sind anspruchsvolle Kunstwerke, die den Zuschauer herausfordern und zum Nachdenken anregen. Sie sind ein Spiegel der deutschen Seele, der uns unsere Stärken und Schwächen vor Augen führt. Sie sind eine Einladung zur Reflexion über unsere Vergangenheit, unsere Gegenwart und unsere Zukunft.

Tauchen Sie ein in die Welt des Neuen Deutschen Films und entdecken Sie die beiden Meisterwerke „Deutschland im Herbst“ und „Die Patriotin“ in der Edition Filmmuseum. Es ist eine Reise, die sich lohnt.

Filmdetails im Überblick

Film	Deutschland im Herbst	Die Patriotin
Erscheinungsjahr	1978	1979
Regie	Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff, Alexander Kluge u.a.	Alexander Kluge
Hauptdarsteller	Hannelore Hoger, Heinz Bennent, Helmut Griem u.a.	Hannelore Hoger
Genre	Drama, Dokumentarfilm	Drama, Experimentalfilm
Laufzeit	123 Minuten	121 Minuten

Deutschland im Herbst & Die Patriotin – Edition Filmmuseum

Beschreibung