Time of the Gypsies – Eine Reise in die Welt der Roma
Emir Kusturicas „Time of the Gypsies“ (Originaltitel: „Dom za vesanje“, zu Deutsch: „Haus zum Aufhängen“) ist weit mehr als nur ein Film; er ist ein tiefgründiges, poetisches und oft schmerzhaft ehrliches Porträt des Lebens in einer Roma-Gemeinschaft im ehemaligen Jugoslawien. Erschienen im Jahr 1988, entführt uns dieser visuell beeindruckende und emotional aufwühlende Film in eine Welt voller Magie, Aberglaube, Armut und unerschütterlicher Lebensfreude.
Die Geschichte von Perhan: Zwischen Traum und Realität
Im Mittelpunkt der Erzählung steht Perhan, ein junger Roma-Mann mit telekinetischen Fähigkeiten. Er lebt mit seiner geliebten Großmutter Hatidza, einer Heilerin, und seiner Schwester Danira, die an einer unheilbaren Krankheit leidet, in einem kleinen, heruntergekommenen Dorf. Perhans Leben ist geprägt von der Sehnsucht nach Azra, einem Mädchen, das er leidenschaftlich liebt, aber dessen Familie seine Avancen ablehnt.
Als der skrupellose Ahmed nach dem Dorf kommt, um Geschäfte zu machen und junge Roma für die Arbeit in Italien anzuwerben, sieht Perhan eine Chance, das Geld für Daniras Behandlung und eine Heirat mit Azra zu beschaffen. Er verlässt sein Zuhause, überzeugt von den Versprechungen eines besseren Lebens. Doch schnell merkt er, dass Ahmeds Absichten alles andere als ehrlich sind. Er gerät in ein Netz aus Kriminalität, Ausbeutung und Verrat, das ihn zwingt, sich mit den dunklen Seiten der menschlichen Natur auseinanderzusetzen.
Perhans Reise ist eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Er erlebt Momente des Glücks und der Hoffnung, die jedoch oft von tiefen Enttäuschungen und Verlusten überschattet werden. Er wird mit der Realität konfrontiert, dass die Welt außerhalb seines Dorfes nicht so ist, wie er sie sich vorgestellt hat. Die magische Welt seiner Kindheit, die von Aberglaube und traditionellen Bräuchen geprägt war, prallt auf die harte Realität der modernen Welt.
Die Charaktere: Spiegelbilder einer komplexen Gesellschaft
Kusturica gelingt es meisterhaft, vielschichtige und authentische Charaktere zu erschaffen, die das Leben in der Roma-Gemeinschaft widerspiegeln. Hier eine Übersicht der wichtigsten Charaktere:
Charakter | Beschreibung |
---|---|
Perhan | Der Protagonist, ein junger Mann mit telekinetischen Fähigkeiten, der von einem besseren Leben träumt. |
Hatidza | Perhans Großmutter, eine Heilerin und Respektsperson innerhalb der Gemeinschaft. |
Danira | Perhans kranke Schwester, deren Behandlung der Hauptgrund für Perhans Entscheidung, das Dorf zu verlassen, ist. |
Azra | Perhans große Liebe, deren Familie gegen eine Verbindung mit ihm ist. |
Ahmed | Ein skrupelloser Geschäftsmann, der Roma für die Arbeit in Italien anwirbt und Perhan ausbeutet. |
Die Charaktere sind nicht einfach nur Gut oder Böse; sie sind Menschen mit Stärken und Schwächen, mit Träumen und Ängsten. Sie repräsentieren die Vielfalt und Komplexität der Roma-Gesellschaft, ihre Traditionen und Bräuche, aber auch ihre Probleme und Herausforderungen.
Die Themen: Armut, Ausbeutung und die Suche nach Identität
„Time of the Gypsies“ behandelt eine Vielzahl von Themen, die auch heute noch von großer Relevanz sind:
- Armut und Ausbeutung: Der Film zeigt die prekären Lebensumstände vieler Roma-Familien und die skrupellose Ausbeutung, der sie oft ausgesetzt sind.
- Die Suche nach Identität: Perhans Reise ist auch eine Suche nach seiner eigenen Identität. Er muss sich entscheiden, ob er an seinen Traditionen festhalten oder sich der modernen Welt anpassen will.
- Familie und Gemeinschaft: Die Familie und die Gemeinschaft spielen eine zentrale Rolle im Leben der Roma. Der Film zeigt die Stärke des Zusammenhalts, aber auch die Konflikte, die innerhalb der Gemeinschaft entstehen können.
- Liebe und Verlust: Perhans Liebe zu Azra und der Verlust seiner Familie sind prägende Erfahrungen, die ihn verändern.
- Magie und Aberglaube: Die magische Welt des Aberglaubens ist fester Bestandteil des Lebens der Roma und verleiht dem Film eine besondere Atmosphäre.
Kusturica vermeidet es, eine romantisierende oder idealisierende Darstellung des Lebens der Roma zu präsentieren. Er zeigt die Realität mit all ihren Facetten, sowohl die schönen als auch die hässlichen.
Die Inszenierung: Eine visuelle und auditive Symphonie
Emir Kusturica ist bekannt für seinen unverwechselbaren Stil, der sich durch eine Mischung aus Realismus und Surrealismus, Tragödie und Komödie auszeichnet. „Time of the Gypsies“ ist ein Meisterwerk der Inszenierung, das den Zuschauer von der ersten bis zur letzten Minute in seinen Bann zieht.
Die Kameraarbeit ist dynamisch und expressiv, die Bilder sind voller Leben und Energie. Die Musik von Goran Bregović ist ein integraler Bestandteil des Films und verstärkt die Emotionen der Geschichte. Die Verwendung von traditionellen Roma-Melodien verleiht dem Film eine authentische und berührende Note.
Kusturica scheut sich nicht, ungewöhnliche und surreale Elemente einzusetzen, um die innere Welt der Charaktere und die magische Atmosphäre der Roma-Gemeinschaft darzustellen. Fliegende Menschen, tanzende Tiere und sprechende Gegenstände sind keine Seltenheit und tragen zur Einzigartigkeit des Films bei.
Die Bedeutung: Ein zeitloses Meisterwerk
„Time of the Gypsies“ ist ein Film, der lange nachwirkt. Er ist nicht nur ein Porträt des Lebens der Roma, sondern auch eine universelle Geschichte über die Suche nach Glück, Liebe und Identität. Er zeigt die Schönheit und die Tragödie des menschlichen Daseins und regt zum Nachdenken über die großen Fragen des Lebens an.
Der Film hat zahlreiche Preise gewonnen, darunter den Preis für die beste Regie beim Filmfestival in Cannes. Er gilt als einer der wichtigsten und einflussreichsten Filme des osteuropäischen Kinos und hat Kusturica zu einem der renommiertesten Regisseure der Welt gemacht.
Warum man „Time of the Gypsies“ gesehen haben sollte:
Es gibt viele Gründe, warum man „Time of the Gypsies“ gesehen haben sollte:
- Eine berührende Geschichte: Die Geschichte von Perhan und seiner Familie ist eine emotionale Achterbahnfahrt, die den Zuschauer tief berührt.
- Authentische Charaktere: Die Charaktere sind vielschichtig und authentisch, man fühlt mit ihnen mit und leidet mit ihnen.
- Visuelle Meisterleistung: Die Inszenierung ist beeindruckend und die Bilder sind voller Leben und Energie.
- Wichtige Themen: Der Film behandelt wichtige Themen wie Armut, Ausbeutung und die Suche nach Identität, die auch heute noch relevant sind.
- Einblick in eine fremde Kultur: Der Film bietet einen faszinierenden Einblick in die Kultur und das Leben der Roma.
- Ein zeitloses Meisterwerk: „Time of the Gypsies“ ist ein Film, der auch nach vielen Jahren nichts von seiner Kraft und Bedeutung verloren hat.
Fazit: Ein Muss für Filmliebhaber
„Time of the Gypsies“ ist ein Film, der unter die Haut geht und den Zuschauer nicht unberührt lässt. Er ist ein Muss für alle Filmliebhaber, die sich für anspruchsvolle und bewegende Geschichten interessieren. Er ist ein Fenster in eine andere Welt, eine Welt voller Magie, Aberglaube, Armut und unerschütterlicher Lebensfreude. Ein Film, der zum Nachdenken anregt und lange im Gedächtnis bleibt.