Nomadland (2020) – Blu-ray Review | 20th Century Studios | 07.10.2021

Nomadland Film 2021 Kino Trailer artikelbild

Am 30. September 2021 ist „Nomadland auf Blu-ray und auf DVD in den Handel gekommen und wir haben das Review dazu:

Nomadland ist wie ein guter Bruce Springsteen Song in Form eines Filmes.“

„Nomadland“, der dritte abendfüllende Spielfilm der chinesischen Regisseurin und Autorin Chloé Zhao, war 2021 DER Oscargewinner und konnte sich gegen Filme wie „The Father“, „Tenet“ oder „The Trial of the Chicago 7“ behaupten. Über 20th Century Searchlight Pictures und im Vertrieb von Walt Disney Home Entertainment, erscheint der ®Oscarprämierte „Beste Film“ 2021 endlich auch bei uns als DVD und Blu-ray Disc im Handel, nachdem er bereits auf Disney+ für Mitglieder zum Streamen bereitstand. Die Filme.de Redaktion konnte die blaue Scheibe genauestens begutachten und verrät, ob der Film seine ®Oscars zurecht erhielt und wie er sich aus technischer Sicht so schlägt.

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Frances McDormand in NOMADLAND. Photo Courtesy of Searchlight Pictures. © 2020 20th Century Studios All Rights Reserved

STORY:

Viele Amerikaner haben während der Wirtschaftskrise im Jahr 2008 alles verloren. Unter ihnen auch Fern (Frances McDormand), die durch den wirtschaftlichen Zusammenbruch der Industriestadt Empire im ländlichen Nevada an den Rand der Gesellschaft gedrückt wurde. So will sie das konventionelle Leben, das sie einst geführt hat hinter sich lassen und macht sich mit ihrem Van auf, um als Nomadin durchs Land zu ziehen. Fern nimmt jede Arbeit an, die sie finden kann und nabelt sich immer weiter von ihrer Vergangenheit, ihren Freunden und ihrer Familie ab. Doch sie ist niemals allein und lernt auf ihrer ungewöhnlichen Reise Menschen kennen, die sie inspirieren, ihrem Weg weiter zu folgen. Sie hat ihre Vergangenheit verloren, doch sie findet eine neue Lebenslust und Hoffnung auf einem ungewöhnlichen Weg in ihre Zukunft.

EINDRUCK:

Inszeniert wurde der außergewöhnliche Film, der auf dem Roman „Nomaden der Arbeit“ von Autorin Jessica Bruder beruht, von Regisseurin Chloé Zhao. Dafür verpflichten konnte sie Frances McDormand („Fargo“, „Three Billboards Outside Ebbing,Missouri“) als Fern, Filmdebütantin Linda May und David Strathairn („Lincoln“). Der Rest des Casts sind großteilig „echte“ Nomaden bzw. Laiendarsteller. Bei den Internationalen Filmfestspielen konnte der Film nicht nur den Goldenen Löwen in Venedig und den People’s Choice Award in Toronto absahnen, er hat 2021 auch gleich dreimal den beliebten ®Oscar der Academy Awards erhalten. In der Kategorie Bester Film, Beste Regie und Beste Hauptdarstellerin ging der Goldjunge an „Nomadland“.

Im Zentrum steht natürlich Francis McDormand als Fern, einer der wenigen echten Hollywoodstars, die bescheidene und verlumpte Charaktere hervorbringen kann, ohne sich in eine unkenntliche Version ihrer selbst zu verwandeln. Sie spielt hier vermutlich die Rolle ihres Lebens. Als Opfer der Rezession 2008 und frisch verwitwet, reagiert Fern auf ihre neue Einsamkeit und wirtschaftliche Not, indem sie einen Ausweg akzeptiert – ein Leben auf offener Straße und der Freiheit von den Zwängen des modernen bürgerlichen Daseins.

„Ich bin nicht obdachlos“, erklärt sie einer jungen Frau. „Ich bin einfach wohnungslos.“ Mit einem aufrichtigen Augenzwinkern möchte Fern, dass andere wissen, dass ihr Lebensstil eine persönliche Entscheidung war. Der nomadische Weg bietet zwar Freiheit, eine abstrakte Schönheit und Verbundenheit mit der Erde, aber das Wohnwagenleben im Allgemeinen fordert auch seinen emotionalen Tribut: Fern hat mit Ameisenbefall, extremer Kälte, kaputten Geräten und, was am schmerzlichsten ist, mit Einsamkeit zu kämpfen.

In „Nomadland“ kommen und gehen Freunde und Orte wie die Jahreszeiten. Die Arbeit und das Bemühen, selbige zu finden, bestimmen das Auf und Ab des Nomadenlebens. Der Film und seine dynamische Kamera haben eine fremdartige, rastlose Qualität, die Fern oft von hinten verfolgt, wenn sie scheinbar Neuland betritt. Durch die Linse Zhao´s Stamm-Kameramanns Joshua James Richards erstrahlt die Natur aus einem Guss, überirdisch und irgendwie auch heilend. Sie zeigt Kommunen mit riesigen, abstrakten Felsformationen im violetten Sonnenuntergang, große, kiesige Ebenen, die sich bis ins Unendliche zu erstrecken scheinen und üppige Mammutbäume, die sich wie Überbleibsel der prähistorischen Zeit anfühlen. Die Bilder entfalten eine gemächliche, fast schon dokumentarische Sogwirkung, der man sich nur schwer entziehen kann.

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„Nomadland“ ist ein unbestreitbar mitreißendes Experiment, aber seinen Einblicken in die Arbeit des 21. Jahrhunderts und die Ausbeutung einer älteren Generation von Amerikanern, fehlt es dann doch etwas an Mut und Klarheit. Zum Beispiel ganz am Anfang, als Fern über die Feiertage bei Amazon angestellt war, da hätte man ruhig etwas mehr Augenmerk auf die Ausbeutung der Mitarbeiter bei Verdoppelung des Gewinnes richten können. Wenn der Film darauf abzielt, die Art und Weise einzufangen, in der eine Art amerikanischer Außenseiter der Arbeiterklasse kämpft, ohne die Bedingungen des Kampfes auch vollständig zu thematisieren, wirft das einen kleinen Schatten einer fragwürdigen liberalen Naivität über ihn.

Dennoch sollte „Nomadland“ in keiner Filmsammlung fehlen, da man für 108 Minuten die emotionale Geschichte einer Frau verfolgt, die alles hinter sich lässt, neue Wege beschreitet, Grenzen erreicht und dabei doch, oder gerade deswegen, so geerdet daherkommt. Kein Meisterwerk, aber verdammt nahe dran! PS: aufmerksamen Zuschauern wird der nette Seitenhieb auf einen „massentauglichen“ Marvel-Film, der sogar im hintersten Ödland-Kino gespielt wird, sicher nicht entgangen sein…

BILD:

Das Bild im Ansichtsverhältnis 2,39:1 kann sich durchaus sehen lassen. Gefilmt mit modernsten ARRI Kameras, sogar mit einer ARRI Mini, um Fern ständig zu folgen, bietet wie oben schon beschrieben, eine fast schon dokumentarische Sogwirkung. Kameramann Joshua James Richards könnte es nicht schöner einfangen, dieses Leben auf der Straße mit seinen schroffen Bedingungen. Die Farben werden akkurat und sehr natürlich gehalten wiedergegeben – auf etwaige Verschlimmbesserer-Filter wurde weitestgehend verzichtet.

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Frances McDormand in NOMADLAND. Photo Courtesy of Searchlight Pictures. © 2020 20th Century Studios All Rights Reserved

Stattdessen bekommen wir bei gut ausgeleuchteten Szenen unzählige Details wie Ferns Haare und Falten oder detaillierte Camper-Kommunen in den weiten Landschaften von Nevada, South Dakota, Nebraska oder den Badlands zu Gesicht. Die Schärfe ist fast immer auf sehr hohem Niveau. Das hin und wieder diesige Bild ist eine bewusste Designentscheidung und wird nicht negativ bewertet. Lediglich die weniger gut ausgeleuchteten Szenen, wenn Fern sich zum Beispiel in ihrem Camper zum Schlafen hinlegt, scheitern schon mal an der Durchzeichnung und lassen Details im Dunkeln verschwinden.

TON:

  • Deutsch DD 5.1
  • Englisch DTS-HD MA 5.1
  • Französisch DD 5.1
  • Italienisch DD 5.1
  • Spanisch DD 5.1
  • Japanisch DD 5.1

Untertitel:

  • Deutsch
  • Englisch für Hörgeschädigte
  • Französisch
  • Italienisch
  • Spanisch
  • Finnisch
  • Japanisch
  • Norwegisch
  • Dänisch

Der Ton ist genrebedingt natürlich recht frontlastig abgemischt. Die Dialoge sind sowohl in der deutschen, als auch in der englischen Originalfassung sehr gut und sauber auszumachen. Ab und an dürfen auch die hinteren Kanäle mitmischen, wenn zum Beispiel ein Auto den Highway entlangfährt oder Fern und ihre Freunde mal in einer Kneipe den Songs von Willie Nelson, Toby Keith oder den Sons of the Pioneers lauschen. Der wunderschöne, simple aber eingängige Score von Komponist Ludovico Einaudi („Ziemlich beste Freunde“, „The Father“) bettet sich auch klangvoll in alle Speaker ein und bietet sogar unerwartet tiefe Bassanteile. Für ein Drama ist der Dolby Digital 5.1 Ton durchaus gelungen.

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Frances McDormand in NOMADLAND. Photo Courtesy of Searchlight Pictures. © 2020 20th Century Studios All Rights Reserved

EXTRAS:

  • Das vergessene Amerika (13:35 Minuten)
  • Zwei Zusätzliche Szenen (je ca. 2 Minuten)
  • Telluride Film Festival: Frances McDormand und Chloé Zhao stellen sich den Fragen (14:48 Minuten)

Das Bonusmaterial wird komplett mit deutschen Untertiteln wiedergegeben. Sehr cool und interessant fand ich den Part „Telluride Film Festival“, bei der sich am 11.09.2020 die Filmcrew bei seiner Autokino-Premiere im Rose Bowl Stadium in Pasadena ein kleines Stelldichein gibt. Aber auch die zwei zusätzlichen Szenen hätte ich gerne im fertigen Film gesehen. An ein Wendecover ohne FSK 0 Flatschen wurde leider nicht gedacht. Auch hier passt die Alterskennzeichnung der FSK mal wieder überhaupt nicht – eine FSK 12 Einstufung wäre hier sehr viel passender gewesen.

FAZIT:

Audiovisuell spielt die blaue Scheibe von Searchlight Pictures, bzw. Walt Disney im oberen Bereich mit. Das Bild punktet mit Natürlichkeit, vielen Details und wunderschönen Landschaftsaufnahmen, kämpft aber etwas mit der Durchzeichnung. Auch der DD 5.1 Ton geht vollkommen in Ordnung und bietet wenig Grund zur Kritik. Es gibt sie noch, diese erfrischenden Filme fernab des Mainstreams. Chloé Zhao´s „Nomadland“ stellt zwar kein Meisterwerk per se dar, fängt das Leben auf der Straße aber dafür sehr intim, politisch lebendig und zutiefst bewegend ein. Großes Kino!

Hier erhältlich:

  • Nomadland (Blu-ray)
  • Nomadland (DVD)
  • Nomadland (Digital)

Testgeräte:
TV: LG OLED 55C8PLA
Player: Sony UBP X-700
AV-Receiver: Denon AVR X-1500 H
Center-Lautsprecher: Teufel Ultima UL 40 C Mk3
Front- und Surround-Lautsprecher: Teufel Motiv 6
Atmos-Lautsprecher: Teufel Reflekt (Front Height)

(Alexander Gabler)
© Bilder und Trailer: 20th Century Studios – Alle Rechte vorbehalten!

Bewertungen: 4.8 / 5. 875

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